BaFin äußert sich erstmals öffentlich zu NFTs

In einem Fachartikel im neuen BaFin Journal hat die deutsche Aufsichtsbehörde erstmals ihre Verwaltungspraxis zu NFTs erläutert. Ein wenig wird das Bild damit klarer, wann Erlaubnis- oder Prospektpflichten beim Vertrieb von NFTs greifen.
Daniel Bögeholz
Donnerstag, der 9. März 2023

Was sind NFTs?

NFTs sind (zumeist auf der Blockchain basierende) Token, also virtuelle Werteinheiten wie Kryptowährungen oder Security Token. Anders als diese „klassische Token“ sind NFTs untereinander aber nicht austauschbar („nicht fungibel“). Das bedeutet, NFTs eignen sich in der Theorie für die Verknüpfung mit bestimmten Gegenständen, während klassische Token gegenüber anderen Token aus ihrer Gruppe gleiche Inhalte verbriefen (z.B. gleiche Zins- oder Rückzahlungsansprüche). In der Praxis wird die technische Nicht-Fungibilität der NFTs mittels standardisierter (z.B. ERC-721 oder ERC-1155) Smart Contracts sichergestellt, die den Token einzigartige Kennungen zuweisen.

In der Vergangenheit wurden etwa NFTs für Kunstwerke oder digitale Collectibles wie virtuelle Sneaker gehandelt. Auf Plattformen wie OpenSea hatte sich 2021 ein beträchtlicher Sekundärmarkt entwickelt, der im darauffolgenden Jahr 2022 allerdings einen massiven Einbruch verzeichnen musste.

Warum wird die Aufsicht auf NFTs aufmerksam?

Der Verkauf von NFTs stellt für Emittenten wie Künstler oder Turnschuhhersteller oft bloße Umsatzgeschäfte dar. Dennoch speist sich der Wert der NFTs aus Sicht der Käufer auch aus deren Übertragbarkeit.

Relevant können NFTs für eine Aufsichtsbehörde insbesondere dann werden, wenn Gründe des Anlegerschutzes oder der Finanzmarktstabilität für eine Beaufsichtigung sprechen. Zugleich stellt sich die Frage, ob die Geldwäscheprävention es erfordert, den Markt für NFTs zu beaufsichtigen.

Gesetzliche Einordnung

Ob NFTs aufsichtsrechtlich relevant sind, hängt davon ab, ob diese als Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) bzw. des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) gelten. Beide Gesetze enthalten verschiedene Kategorien von Finanzinstrumenten, insbesondere die der Wertpapiere, Vermögensanlagen und Kryptowerte. Für NFTs wird seit einer Weile diskutiert, unter welchen Voraussetzungen diese unter einen der Begriffe fallen können.

  • Wertpapiere zeichnen sich durch eine Verbriefung bestimmter Rechte aus, üblicherweise Mitgliedschaftsrechte (z.B. als Aktionär) oder schuldrechtliche Ansprüche wie Rechte auf Zins- und Rückzahlung (Schuldtitel wie Inhaberschuldverschreibungen oder Genussscheine). Wertpapiere müssen aber übertragbar, und aufgrund einer Standardisierung (Fungibilität) auf dem Finanzmarkt handelbar sein.
  • Vermögensanlagen (nach dem VermAnlG) umfassen andere Anlageformen. Darunter sind einige Anlagen, deren Handelbarkeit oftmals gegenüber Wertpapieren eingeschränkt ist (z.B. Namensschuldverschreibungen oder Nachrangdarlehen, aber auch sonstige Beteiligungen an Unternehmen wie GmbH-Anteile). Ebenso werden davon aber bestimmte Sachinvestments erfasst.
  • Kryptowerte sind digitale Wertdarstellungen, die als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden können.

BaFin: In der Regel sind NFTs keine Wertpapiere – vielleicht aber Vermögensanlagen

Die BaFin erläutert nun, dass es für die aufsichtsrechtliche Einordnung als Wertpapier naheliegenderweise nicht darauf ankommt, dass NFTs technisch nicht-fungibel sind. Vielmehr komme es auf eine (rechtliche) Fungibilität der verbrieften Ansprüche an. Das sei der Fall, wenn die Token keine unterschiedlichen Rechte vermitteln. Bei Verwendung von Standards wie ERC-721 oder ERC-1155 liege zudem auch die für ein Wertpapier erforderliche Übertragbarkeit vor.

Allerdings stellt die BaFin klar, dass ihr bislang keine NFTs bekannt seien, die wertpapierähnliche Rechte verbriefen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass bestimmte NFT künftig als Wertpapiere einzustufen seien, etwa wenn 1.000 NFT die gleichen Rückzahlungs- und Zinsansprüche verkörperten („fragmentierte NFTs“). Das bedeutet auch, dass in diesen Fällen kein Wertpapierprospekt erstellt und von der BaFin gebilligt werden muss. Zu NFTs, die Stimmrechte für DAOs vermitteln, äußert sich die BaFin trotz der damit verbundenen Verbriefung von mitgliedschaftlichen Rechten nicht.

Eine Einordnung als (ebenfalls grundsätzlich prospektpflichtige) Vermögensanlage kommt nach dem Verständnis der BaFin in Betracht, wenn ein NFT als Eigentumsnachweis für einen Kunstgegenstand die Verpflichtung des Emittenten verkörpere, den Kunstgegenstand gewinnbringend zu veräußern und dem Tokeninhaber einen Rückzahlungs- und Zinsanspruch einräumt. Ob in Fällen der Ausgabe einer Vielzahl solcher Token aufgrund der durch die Tokenisierung erreichten Handelbarkeit nicht doch eher ein Wertpapier vorliegt, thematisiert die BaFin nicht. Das wäre in Hinblick auf ihre Verwaltungspraxis, tokenisierte Vermögensanlagen mit Zins- und Rückzahlungsansprüchen als Wertpapiere einzustufen, eigentlich konsequent.

NFTs als Kryptowerte

Für Diskussionen sorgt seit einer Weile der weite Tatbestand der Kryptowerte, da jeder Transaktion über „Collectibles“ implizit die Hoffnung auf Wertsteigerung innewohnen dürfte. Daher stellt sich hier sehr deutlich die Frage, ob NFTs „Anlagezwecken“ dienen, wobei es nach dem Gesetzeswortlaut darauf ankommt, ob dies „aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung“ der Fall sei.

Hierzu erläutert die BaFin zwar, dass der bloße Umstand, dass Nutzer mit einem NFT spekulieren, nicht ausreiche, um bei der betroffenen NFT-Kategorie von einem Anlagezweck ausgehen zu können. Allerdings komme es auch nicht nur auf die mit dem Token verbundenen Rechte an. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob die Emittentin oder mit dem Vertrieb beauftragte Dritte eine besondere Eignung der angebotenen NFT zur Geldanlage herausstellten. Für die Praxis bedeutet das, dass das Käuferverhalten einen NFT nicht gleich zum Finanzinstrument machen kann – sehr wohl aber das Marketing der Emittentin oder von eingeschalteten Vertriebsunternehmen. Emittenten können sich also nicht darauf berufen, nicht sie, sondern ihr Vertriebsunternehmen habe gegenüber den Anlegern die Eignung zur Geldanlage herausgestellt. Keine Aussage ist damit verbunden, wie sich das Marketingverhalten sonstiger Verkäufer auf die Einordnung der Token auswirkt.

Erlaubnispflichten für den Sekundärmarkt

Eine Selbstverständlichkeit formuliert die BaFin zwar zunächst, wenn sie erläutert, die Einstufung von NFTs als Finanzinstrumente könne zu Erlaubnispflichten führen. Dies betrifft insbesondere den Sekundärmarkt, auf dem die Akteure erlaubnispflichtige Bankgeschäfte bzw. Wertpapierdienstleistungen, zum Beispiel das Finanzkommissionsgeschäft oder die Anlage-/Abschlussvermittlung, die Anlageberatung oder der Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems erbringen könnten

Insbesondere für die bislang unregulierten NFT-Handelsplattformen ist diese Passage aber von enormer Relevanz. Denn anhand der im Fachartikel aufgezählten Kriterien kann (und sollte) bei Handelszulassung eines NFTs überprüft werden, ob ein Finanzinstrument vorliegt. Das erfordert, die mit dem NFT verbundenen Rechte ebenso zu kennen wie die Vertriebsmaterialien. Gerade zu letzterem Punkt verlässliche Informationen zu erhalten, kann mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein. 

Geldwäscheaufsicht nur bei Finanzinstrumenten

Zum Thema Geldwäscherisiken betont die BaFin, die allgemeinen Risiken des Kryptosektors bestünden auch bei NFTs. Dazu zählten anonyme oder pseudonyme Transaktionen, das Fehlen von unter Aufsicht stehenden Vermittlern bzw. Instituten als Intermediäre, die Nutzung ausländischer unbeaufsichtigter Handelsplattformen sowie nicht beaufsichtigter Zahlungsmittel und Zahlungskanäle, zum Beispiel Mixer/Tumbler und dezentrale Tausch-Protokolle. Zudem eigneten sich gerade hochpreisige NFTs (etwa im Kunstmarkt) zur Geldwäsche, außerdem ermöglichten die Handelsplattformen Wash Trades (Scheinverkäufe zur künstlichen Preissteigerung).

Die BaFin ist jedoch nur bei Banken und Finanzdienstleistern zuständige Aufsichtsbehörde, so dass es bei NFTs auch insoweit darauf ankommt, ob diese ein Finanzinstrument darstellen. Kunst-NFT und Sammlerstücke würden daher (soweit sie nicht als Kryptowerte einzustufen sind) nach derzeitiger Rechtslage in aller Regel nicht der Geldwäscheaufsicht der BaFin unterfallen.

Das bedeutet aber nicht, dass NFT-Kunstwerke aus dem Fokus der Geldwäscheaufsicht sind: Auch Kunstvermittler sind seit Umsetzung der 5. Geldwäsche-Richtlinie geldwäscherechtlich Verpflichtete. Darunter fallen auch Auktionatoren oder Galeristen. Für diese nach Landesrecht ganz unterschiedliche Behörden für die Beaufsichtigung der Geldwäscheprävention zuständig, teilweise Bezirksregierungen, Landesverwaltungsämter, Landesministerien aber auch Landkreise.

Geklärte und offene Fragen

Der Fachartikel der BaFin ist recht nah am Stand der aktuellen juristischen Diskussion und enthält keine wirklichen Überraschungen. Weiterhin bleibt der Begriff des Kryptowerts das größte Einfallstor für die Regulierung von NFTs. Die Erfassung von Token, die Anlagezwecken dienen, als Finanzinstrumente ist zwar – anders als oftmals behauptet – kein rein nationaler Alleingang. Dennoch ist zu begrüßen, dass die BaFin hier angesichts des weiten Wortlauts klarstellt, auf welche Aspekte ein besonderes Augenmerk gelegt werden sollte. Weiterhin wird aber immer eine Prüfung im Einzelfall erforderlich sein, ob ein Kryptowert im Sinne der gesetzlichen Regelungen oder ein unregulierter Token vorliegt.

Sicher ist, dass fragmentierte NFTs, die Zins- und Rückzahlungsansprüche oder Mitgliedschaftsrechte verbriefen, als Wertpapier gelten. Auch die Ausgabe von nicht-fragmentierten NFTs, die individuelle Rückzahlungsansprüche verbriefen, kann im Einzelfall als Angebot einer Vermögensanlage oder als Betreiben des Einlagengeschäfts einzustufen sein.

Nicht-fragmentierte NFTs (z.B. in Bezug auf Collectibles) unterfallen im Regelfall keinen Prospektpflichten aus Prospekt-VO oder Vermögensanlagengesetz, können aber aufgrund ihrer Ausgestaltung oder Vertriebsaussagen als Kryptowert einzustufen sein.

Keinerlei Erwähnung im Artikel findet die im Rahmen der MiCAR aufgeworfene Frage, wie „Kollektionen“ von NFTs einzuordnen sind. Bei diesen werden zwar individuelle Rechte verbrieft, allerdings gehören die sich stark ähnelnden NFTs zu einer größeren Sammlung und werden gemeinsam emittiert. Die MiCAR enthält hierzu im Erwägungsgrund 6c Ausführungen, wonach die Ausgabe von NFTs als Kollektion ein Indikator für eine Fungibilität der Token sei. In diesem Falle greift das Argument nicht mehr, der Wert der NFTs speise sich aus seiner individuellen Charakteristik und des spezifischen Nutzens für den Token-Holder, so dass deren finanzieller Nutzen nur begrenzt sei. Offen ist, ob die BaFin diese Fälle nach derzeitiger Rechtslage über den Begriff des Kryptowerts abgedeckt sehen will. Für den deutschen Gesetzgeber wird sich aber ohnehin die Frage stellen, ob bei Inkrafttreten der MiCAR der Begriff des Kryptowerts in KWG und WpIG weiterhin stehen bleiben sollte.

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