Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung legt Zwischenbericht vor
In sechs Kapiteln untersucht der Bericht, wie widerstands- und anpassungsfähige Strukturen (sog. Resilienz) etabliert werden können, behandelt die Themen Transformation, Transparenz und Offenlegung sowie die Rolle der öffentlichen Hand bei Umsetzung der zu erarbeitenden Nachhaltigkeitsstrategie und formuliert für jeden Bereich entsprechende Handlungsansätze.
An wen richtet sich der Bericht?
Als Hauptadressaten richtet sich der Zwischenbericht in erster Linie an drei Akteure: Zunächst an die Bundesregierung und die öffentliche Hand, die den Rahmen vorgeben und eine Vorbildfunktion einnehmen sollen. Hier muss Sustainable Finance ganzheitlich und ressortübergreifend gedacht werden, beispielsweise durch lenkungswirksame CO2 -Preise, entsprechende Umsetzung der Politikziele im Rahmen der eigenen Mittelverwendung und Portfolien sowie eine aktive Mitgestaltung und Umsetzung der Maßnahmen auf europäischer Ebene, etwa beim EU Green Deal, dem EU Aktionsplan oder der Taxonomie.
Der Bericht beleuchtet ferner, welche Rolle die Unternehmen der Realwirtschaft im Kontext von Sustainable Finance einnehmen, deren Erwartungen auf Planungssicherheit und einen ungehinderten Zugang zum Finanzmarkt gerichtet sind. Als Maßnahmen, die hier Transparenz, Vergleichbarkeit von Daten sowie das Risikomanagement verbessern können, werden etwa die Standardisierung einer integrierten Berichterstattung bestehend aus Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung mit schrittweiser Ausweitung auf mittelgroße Kapitalgesellschaften, KMUs und Unternehmen mit besonderen Risiken vorgeschlagen. Daneben sollen regelmäßige Stresstests und Szenarioanalysen stattfinden, sowie alle börsennotierten Unternehmen in Deutschland ab 2020 gesetzlich zur Anwendung der Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) verpflichtet werden.
Der Bericht richtet sich schließlich an die Finanzmarktakteure, die durch entsprechende Kreditvergaben und ihr Angebot an Finanzprodukten in messbarer Weise zur Transformation beitragen sollen. Nach Ansicht des SFB erfordert dies u.a. ein mehrstufiges Klassifizierungs-system, das nachhaltige Finanzprodukte und deren Transformationsbeitrag vergleichbar macht, aber auch eine systematische Einbeziehung wesentlicher Nachhaltigkeitsparameter im Risikomanagement und in die Investmentstrategie aller institutionellen Investoren. Außerdem sollen eine anreiz- bzw. sanktionsgesteuerten Unternehmensführung sowie entsprechende Weiterbildungsanforderungen Management und Mitarbeiter dazu bringen, ihre Tätigkeit vermehrt auf Nachhaltigkeitserwägungen auszurichten.
Welche Handlungsansätze werden vorgeschlagen?
Der Zwischenbericht formuliert 53 Handlungsansätze, mit deren Hilfe der infolge des Klimawandels notwendige, zielgerichtete Wandel zu einer auch künftig tragfähigen Wirtschaftsstruktur gelingen soll. Hierzu zählen etwa die verpflichtende Einführung einer systematischen Einbeziehung von wesentlichen Nachhaltigkeitsparametern im Risikomanagement, die Einführung eines verpflichtenden, transparenten Klassifizierungssystem für alle Finanzprodukte sowie die Ausweitung des Angebots an Nachhaltigkeits- und Transformationsprodukten.
Im Bereich Governance- und Anreizstrukturen schlägt der SFB u.a. vor, die EU-Kommission bei der Ausgestaltung von klimagerechten Steuern zu unterstützen und staatliche Anreizmechanismen für das Finanzsystem mit Blick auf ihre Wirksamkeit zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu betrachten und laufend zu evaluieren. Darüber hinaus werden Mindestanforderungen an den Kenntnisstand über Nachhaltigkeit von Finanzberatern vorgeschlagen, die etwa in den Delegierten Rechtsakten zu MiFiD II oder in dem geplanten „Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagevermittler auf die BaFin“ verankert werden könnten.
Für den Bereich Transparenz und Offenlegung wird eine quantitative und qualitative Ausweitung der Unternehmensberichterstattung (siehe auch Blogbeitrag: Wie das klimabezogene Reporting verbessert werden kann) vorgeschlagen.
Wie geht es weiter?
Mit der Veröffentlichung des Zwischenberichtes startet eine vierwöchige Onlinekonsultation bis zum 3. April 2020. Update: Diese Konsultationsfrist wurde nunmehr aufgrund der Covid-19-Pandemie um vier Wochen bis zum 3. Mai 2020 verlängert. Neben Finanzbranche, Realwirtschaft, Politik und Aufsichtsbehörden sind auch Wissenschaft und Zivilgesellschaft aufgefordert, ihre Änderungs- und Ergänzungsvorschläge zum Bericht einzubringen. Nach Auswertung der Konsultation plant der SFB voraussichtlich im September 2020 seinen Abschlussbericht vorzulegen.