Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss nachhaltig informiert werden
Berichtspflichten aus Brüssel
Mit Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung (OffenlegungsVO)(EU) 2019/2088), haben Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater seit dem 10. März 2021 offenzulegen, inwiefern sie Nachhaltigkeitsrisiken einbeziehen und nachteilige Nachhaltigkeitsauswirkungen berücksichtigen. Die Verordnung sieht im Zusammenspiel mit der Taxonomieverordnung (TaxonomieVO) ((EU) 2020/852)unternehmens- und produktbezogene Transparenzvorschriften vor. Finanzteilnehmer und -berater müssen nunmehr eine Reihe von nachhaltigkeitsbezogenen Angaben tätigen und unterliegen regelmäßigen Berichtspflichten. Neben Angaben zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen haben die betroffenen Unternehmen in der Regel detailliert zu beschreiben, ob und wie sie die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen (sog. principal adverse impacts, PAI) und – falls eine solche Berücksichtigung nicht erfolgt – zu begründen, warum sie diese nicht berücksichtigen und ob sie beabsichtigen, dies in Zukunft zu ändern.
Diese Angaben zur Nachhaltigkeit müssen nunmehr im Jahresbericht, auf der Internetseite, im Rahmen der Vergütungspolitik und in den vorvertraglichen Informationen erfolgen. Ferner dürfen auch die Marketingmitteilungen der offenlegungspflichtigen Unternehmen nicht im Widerspruch zu den im Rahmen dieser Berichtspflichten veröffentlichten Informationen stehen (Artikel 13 OffenlegungsVO). Brüssel verfolgt also klar die Maxime: Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss nachhaltig informiert werden.
Fehlende Informationen und Prüfung
Größter Hemmschuh bei der Umsetzung der Transparenzpflichten durch die betroffenen Unternehmen ist noch die Daten- und Informationsbeschaffung. So wird auch in der BlackRock-Studie von August 2021 darauf hingewiesen, dass Datenprobleme eine der größten Herausforderungen für Banken und Aufsichtsbehörden darstellen.
Angesichts dieser aktuell noch bestehenden Erschwernisse bei der Umsetzung der Transparenzanforderungen sowie der Komplexität der gesetzlichen Vorgaben stellt sich die Frage, welche Sanktionen etwaige Verstöße gegen die Transparenzvorgaben nach sich ziehen können und welche Behörden die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben überwachen.
Die deutsche Antwort: Das Fondsstandortgesetz
Auf beide Fragen geben die europäischen Regulierungen eine klare Antwort: Die Mitgliedstaaten. Die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten sollen die Einhaltung der Anforderungen der OffenlegungsVO als auch der TaxonomieVO überwachen (Artikel 14 Abs.
1 OffenlegungsVO, Artikel 21 Abs. 1 TaxonomieVO). Dabei sind Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gegen die Berichtspflichten durch die Mitgliedstaaten festzulegen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sind (Artikel 22 TaxonomieVO). Diesen Pflichten ist Deutschland mit dem Erlass des Fondsstandortgesetzes (FoStoG) – nachgekommen. Das FoStoG sieht Änderungen und Ergänzungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB), des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vor.
Allgemeine Bußgeldvorschriften und Sondervorschriften
Durch das FoStoG muss beispielsweise der Jahres- und Zwischenbericht einer Kapitalverwaltungsgesellschaft auch die in Artikel 11 OffenlegungsVO sowie in den Artikeln 5 bis 7 TaxonomieVO genannten Informationen enthalten (§§ 101, 104 KAGB). Entsprechende Informationen der OffenlegungsVO und der TaxonomieVO müssen im Verkaufsprospekt angegeben werden (§ 165 Abs. 2 Nr. 42 KAGB). Bei unrichtigen, unvollständigen oder fehlerhaften Angaben erfolgt eine Sanktionierung über den Bußgeldvorschriften-Katalog des KAGBs (§340 KAGB). Demnach kann bereits ein einmaliger Verstoß als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu einer Millionen Euro geahndet werden (im Fall einer juristischen Person kann überdies eine zusätzliche Geldbuße in Höhe bis zu 2 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes verhängt werden, § 340 Abs. 7 Nr. 2 KAGB).
Daneben sehen auch die allgemeinen Bußgeldvorschriften des § 120 WpHG Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Anforderungen der OffenlegungsVO und der TaxonomieVO vor. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn es bei der Erbringung von Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung seine Kund*innen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig den Anforderungen der OffenlegungsVO oder TaxonomieVO entsprechend informiert (§ 120 Abs. 8 Nr. 35, Nr. 48 WpHG). Ein Verstoß kann mit bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden (§ 120 Abs. 20 WpHG).
Schließlich wurden Sanktionsvorschriften auch in das VAG aufgenommen: Der Bußgeld-Katalog wurde um einen neuen § 332 Abs. 4k VAG ergänzt, der einen Verstoß gegen die OffenlegungsVO und TaxonomieVO sanktioniert und eine Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro androht (§ 332 Abs. 5 S. 1 VAG).
Wirtschaftsprüfer*innen gesucht!
Neben dem Verweis auf die „klassischen“ Bußgeldvorschriften des jeweiligen Gesetzes setzt das FoStoG bei der Überprüfung der Berichtspflichten weitgehend auf Wirtschaftsprüfer*innen. Demnach haben Abschlussprüfer*innen bei der Prüfung des Jahresabschlusses auch zu prüfen, ob die Anforderungen der TaxonomieVO und der OffenlegungsVO erfüllt worden sind (§ 38 KAGB, § 89 WpHG, § 35 VAG).
BaFin mit Augenmaß
Die BaFin hat verlautbart, hinsichtlich konkreter Maßnahmen zur Überwachung der Anforderungen der OffenlegungsVO und der TaxonomieVO mit Augenmaß vorzugehen. Dies jedenfalls solange die Konkretisierungen der Transparenzanforderungen durch die entsprechenden Level 2-Rechtsakte nicht final vorliegen.