Krypto – Quo vadis in 2022?

Im Jahr 2022 nimmt die Regulierungsaktivität in der Kryptobranche Fahrt auf. Ein zentraler Aspekt liegt in der Geldwäscheprävention.
Dr. Kati Meister,
Caroline Göllner
Mittwoch, der 9. März 2022

Krypto macht Schlagzeilen: Ob es Milliardenbewertungen von Krypto-Startups, die neuesten NFT-Kollektionen, Höchst- oder wie zuletzt eher Tiefstkurse von BTC und ETH, oder Hacks auf Plattformen wie zuletzt OpenSea geht – um die Kryptoszene wird es nicht ruhig. Und das nicht ohne Grund: Abgesehen von einzelnen medienwirksamen Ereignissen lässt sich ein enormes Wachstum in der Branche feststellen. Die Kryptobörse Crypto.com prophezeite den Crypto Assets eine Milliarde Nutzer im Jahr 2022. Bereits im Jahr 2021 habe es ein Wachstum an Kryptonutzern von 178% auf insgesamt knapp 300 Millionen Nutzern gegeben.

Im Crypto Crime Report für 2022 von Chainalysis wird die gesamte Marktkapitalisierung von Crypto Assets im Januar 2022 mit 2 Trillionen EUR angegeben, im November 2021 waren es sogar 2,6 Trillionen EUR. Ein aktueller Bericht der ESMA stellt auch eine steigende Akzeptanz bei institutionellen Investoren fest. Crypto Assets machen in deren Portfolios laut einer Umfrage bereits 1% aus.

Aufgrund dieser Entwicklungen wird Gesetzgebern und Aufsichtsbehörden zunehmend bewusst, dass Crypto Assets genauer beobachtet reguliert werden müssen. Im Juni untersagte die britische FCA Binance – der weltweit größten Kryptobörse – den Betrieb im Vereinigten Königreich. Im September erklärte die chinesische Zentralbank Crypto-Asset Transaktionen für illegal. Im Oktober verhängte die US-amerikanische Commodity Futures Trading Commission eine Strafe gegen Tether wegen unwahrer oder irreführender Angaben, nachdem bereits im Februar die Generalstaatsanwaltschaft von New York eine Strafe verhängt hatte. Auch in Deutschland und Europa gibt es starke Regulierungstendenzen. Und all das galt schon, bevor die Sanktionen gegen Russland drängende Fragen über Umgehungsmöglichkeiten durch Kryptowährungen aufwarfen. Dieser Artikel soll einen Überblick über aktuelle Gesetzesvorhaben aus dem Krypto-Bereich geben. 

1. Nationale Gesetzgebungsvorhaben

Auf nationaler Ebene sind im letzten Jahr die Kryptowertetransferverordnung und das Gesetz für elektronische Wertpapiere in Kraft getreten, die uns auch im Jahr 2022 noch beschäftigen werden.

1.1 Kryptowertetransferverordnung

Die Kryptowertetransferverordnung (KryptoWTransferV) ist zwar bereits im Oktober 2021 in Kraft getreten. Verpflichtete, die die Bestimmungen der Verordnung – aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben – nicht erfüllen können, konnten dies jedoch bis Ende letzten Jahres nach § 5 KryptoWTransferV der BaFin gegenüber anzeigen und dadurch von den Pflichten in §§ 3 und 4 KryptoWTransferV vorübergehend befreit werden. Die Befreiung war aufgrund der von der BaFin zur Verfügung gestellten Formulare längstens bis zum 31. Dezember 2022 möglich, kann jedoch einmalig um bis zu 12 Monate verlängert werden. Verpflichtete, die auch nach Ablauf der ersten 12 Monate die Bestimmungen der Verordnung weiterhin nicht erfüllen können, müssen rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist eine Verlängerungsanzeige abgeben.

Die KryptoWTransferV verpflichtet Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute bei Transfers von Kryptowerten Kundeninformationen zum Auftraggeber und Begünstigten zu erheben und an das Institut des Begünstigten zu übermitteln. Sie zielt auf die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch Kryptowerte. 

1.2 Elektronische Wertpapiere

Darüber hinaus ist im Juni 2021 ist das elektronische Wertpapiere-Gesetz (eWpG) in Kraft getreten, das die Emission von elektronischen Wertpapieren iSd § 2 eWpG ermöglicht. Elektronische Wertpapiere werden nach § 2 Abs. 1 S. 2 eWpG dadurch begeben, dass der Emittent an Stelle der Ausstellung einer Wertpapierurkunde eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister bewirkt. Das eWpG unterscheidet innerhalb der elektronischen Wertpapiere zwischen Zentralregisterwertpapieren, die durch Eintragung in ein Zentralregister begeben werden (§ 4 Abs. 2 eWpG) und Kryptowertpapieren (§ 4 Abs. 3 eWpG), die durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister begeben werden.

Obwohl der Anwendungsbereich nach § 1 eWpG auf Inhaberschuldverschreibungen beschränkt ist, können auch Fondsanteile als elektronische Anteilsscheine begeben werden: § 95 Abs. 3 KAGB sieht die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften des eWpG auf elektronische Anteilsscheine vor.

Aktuell können Fondsanteile nur als Zentralregister-Anteilsscheine und nicht als Krypto-Anteilsscheine begeben werden, da § 95 Abs. 3 nicht auf die Vorschriften betreffend Kryptowertpapiere verweist. Die Begebung von Fondsanteilen durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister kann jedoch durch eine gemeinsame Rechtsverordnung nach § 95 Abs. 5 KAGB des BMF und des BMJV geschaffen werden. Hierzu liegt bereits seit September 2021 ein Entwurf in Form der Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) vor, zu dem bereits verschiedene Stellungnahmen eingereicht wurden. Die KryptoFAV könnte noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Während das eWpG insbesondere in Abschnitt 3 bereits einige Vorgaben betreffend die Führung eines elektronischen Wertpapierregisters enthält, sind wesentliche Aspekte der Registerführung einer Rechtsverordnung vorbehalten. Diese liegt in Gestalt der Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapierregister (eWpRV-E) des BMF und des BMJV im Entwurf vor. Fünf Monate nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs wurde im Januar 2022 ein überarbeiteter Referentenentwurf veröffentlicht, der wesentliche Kritikpunkte umsetzt. Die Veröffentlichung eines Regierungsentwurfs wird im Laufe dieses Jahres erwartet.

2. EU-Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Eine hohe Priorität wird dem Schutz von Finanztransaktionen vor Cyber- und kriminellen Bedrohungen von der französischen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union beigemessen. So fand gleich zu Beginn der Ratspräsidentschaft am 19. Januar 2022 eine Veranstaltung zum Schutz vor Finanzkriminalität und Terrorismusfinanzierung statt, an der auch Mairead McGuinness und Ylva Johansson, EU-Kommissarinnen für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion respektive Inneres teilnahmen. Die Kommissarinnen nutzten die Plattform, um das EU-Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzustellen.

Das EU-Maßnahmenpaket beruht auf dem am 7. Mai 2020 von der Europäischen Kommission vorgestellten Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und beinhaltet vier Gesetzgebungsvorschläge:

–        eine Verordnung zur Einrichtung einer EU-Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung als dezentrale EU-Regulierungsagentur,

–        eine neue Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die unmittelbar gelten wird und unter anderem eine überarbeitete EU-Liste der Unternehmen und Einrichtungen enthält, die den geldwäscherechtlichen Vorschriften unterliegen,

–        eine Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die die bestehende EU-Richtlinie (Richtlinie 2015/849 in der geänderten Fassung) ersetzt und Bestimmungen enthält, die nicht für eine Verordnung geeignet sind, sondern in nationales Recht übertragen werden müssen, wie z. B. die Vorschriften über die nationalen Aufsichtsbehörden und die Zentralstellen der Mitgliedstaaten für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen („FIU“),

–        eine Neufassung der Geldtransfer-Verordnung von 2015 (Verordnung 2015/847).

Für den Kryptosektor ist insbesondere der Umstand bedeutsam, dass mit der Umsetzung des EU-Maßnahmenpakets der Kreis der Verpflichteten erweitert wird, also derjenigen, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, einschließlich Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, anwenden und jeden Verdacht den zentralen Meldestellen mitteilen müssen. Bislang waren lediglich bestimmte Anbieter von Krypto-Dienstleistungen geldwäscherechtlich verpflichtet. Zukünftig sollen alle Arten und Kategorien von Anbietern von Krypto-Dienstleistungen den EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterliegen.

Bereits mit der 5. Geldwäsche-Richtlinie wurden Anbieter, die den Tausch von Kryptowerten in Fiatgeld ermöglichen, verpflichtet, ihre Kunden im Rahmen der “üblichen Sorgfaltspflichten” für den Finanzsektor zu kontrollieren. Es obliegt ihnen zum Beispiel, die Identität der Nutzer sowie deren Wallet-Adressen in einer zentralen Datenbank zu speichern und Verdachtsfälle zu melden. Mit der vorgeschlagenen Reform sollen diese Vorschriften auf den gesamten Krypto-Sektor ausgeweitet und alle Kryptodiensteanbieter den Identifizierungsvorgaben unterworfen werden. Die anonyme Eröffnung einer Wallet bei einem Anbieter wird damit EU-weit nicht mehr möglich sein.

Zudem zielt das EU-Maßnahmenpaket im Wege einer Änderung der 2015 verabschiedeten Verordnung über Geldtransfers (Verordnung (EU) 2015/847) auf eine Verpflichtung zur Identifizierung der Begünstigten einer Transaktion. Diese Pflicht trifft alle Anbieter von Krypto-Dienstleistungen, sie müssen Daten zu den Originatoren und Begünstigten einer  Übertragungen erheben und zugänglich zu machen. In Deutschland wurde diese Maßnahme weitestgehend bereits mit der Kryptowertetransferverordnung umgesetzt (s.o.).

Derzeit durchläuft das EU-Maßnahmenpaket das Gesetzgebungsverfahren der EU zwischen Rat und Parlament. Das vollständige Regelwerk einschließlich der technischen Standards soll Ende 2025 abgeschlossen sein und ab dann gelten. Einzelne Bestimmungen treten bereits zuvor in Kraft.

3. Digital Finance Package

Das EU-Maßnahmenpaket zur Geldwäschebekämpfung ist in Bezug auf Krypto-Dienstleistungen auch vor dem Hintergrund des jüngsten Pakets der Kommission zur Digitalisierung des Finanzsektors, dem. „Digital Finance Package“, zu betrachten. Neben einer Digital Finance Strategy wurden darin drei Legislativakte vorgeschlagen, die gemeinsam einen Rahmen bilden, um Innovationen in einer Weise zu ermöglichen, die die Finanzstabilität bewahrt und die Anleger schützt.

3.1 Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA)

Die MiCA soll einen EU-einheitlichen Kryptowerteregulierungsrahmen schaffen. Wesentliche Aspekte der Regulierung sind folgende:

–        einheitliche Regelungen zu Transparenz- und Offenlegungsanforderungen für die Ausgabe sowie den Handel von Kryptowerten

–        Regelungen zur Zulassung und Beaufsichtigung von Anbietern von Kryptowerten und deren Emittenten.

–        Regelungen zu Betrieb, Organisation und Leitung von Emittenten von vermögenswertbezogenen (asset-referenced) Token sowie E-Geld-Token und Dienstleister im Bereich der Kryptowerte

–        Verbraucherschutzvorschriften für die Ausgabe, den Handel, den Austausch und die Verwahrung von Kryptowerten

–        Maßnahmen zur Verhinderung von Marktmissbrauch (= Marktmanipulation und Insiderhandel).

Die MiCA soll gleichermaßen für Emittenten und Dienstleister aus der Kryptowelt gelten. Denn in der MiCA werden verschiedene Begriffe im Zusammenhang mit Kryptowerten oder Kryptodienstleistungen erstmalig einheitlich definiert und es wird eine Abgrenzung zu denjenigen Produkten und Emittenten vorgenommen, die bereits von der MiFID II oder der E-Geld Richtlinie erfasst sind. Die neuen Definitionen der MiCA gelten dann auch für die Gesetzgebungsakte des für das EU-Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Das Inkrafttreten der MiCA ist frühestens für Ende 2022/ Anfang 2023 zu erwarten. Zudem ist für einen großen Teil der Bestimmungen eine Übergangsfrist von 18 Monaten vorgesehen.

3.2 Digital Operational Resilience Act (DORA)

Mit dem vorgeschlagenen Rechtsakt zur digitalen Betriebsstabilität (Digital Operational Resilience Act, DORA) will die Europäische Kommission Wettbewerbsfähigkeit und Innovation im Finanzsektor fördern. Da der Finanzsektor in hohem Maß auf Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) angewiesen ist und die Folgen eines Angriffs oder einer Störung bei einem wichtigen, grenzüberschreitend agierenden Finanzdienst weitreichende Auswirkungen auf andere Unternehmen, Teilsektoren oder gar die gesamte übrige Wirtschaft haben können, kommt der digitalen Betriebsstabilität im Finanzsektor eine enorme Bedeutung zu. Mit der DORA werden einheitliche Anforderungen in Bezug auf das IKT-Risikomanagement, die Klassifizierung und Meldung IKT-bezogener Vorfälle, digitale operationelle Belastbarkeitstests, vertragliche Vereinbarungen zwischen IKT-Drittdienstleistern und Finanzunternehmen, den Aufsichtsrahmen für kritische IKT-Drittanbieter sowie Regeln für den Informationsaustausch festgelegt.

3.3 Pilot Regime

Daneben haben sich die EU-Gesetzgeber auf ein Pilot Regime für DLT-Marktinfrastrukturen für den Handel und die Abwicklung von Wertpapieren, die auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basieren, geeinigt. Das Pilot Regime sieht vor, eine zeitlich befristete Regulatory Sandbox für Handel und Abwicklung von DLT-Finanzinstrumenten zu bilden.

Wertpapierfirmen, Marktbetreiber oder Zentralverwahrer können nach der Verordnung eine Zulassung als sog. DLT-Marktinfrastrukturen (multilaterale Handelssysteme und Wertpapierabwicklungssysteme, bei denen Distributed-Ledger Technologie zum Einsatz kommt) beantragen. Diese DLT-Marktinfrastrukturen können sich durch Antrag vorübergehend von einigen spezifischen Anforderungen der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen (z.B. MiFID II und CSDR) befreien lassen, die sie ansonsten daran hindern könnten, Lösungen für den Handel und die Abwicklung von Transaktionen mit Kryptowerten zu entwickeln, die als Finanzinstrumente gelten. Ob das Pilot-Regime noch dieses Jahr in Kraft treten wird, ist allerdings zweifelhaft.

4. Et alia? 

Darüber hinaus ist die steuerrechtliche Behandlung von Kryptowährungen und DLT-basierten Tätigkeiten zunehmend in den Fokus gerückt. Das BMF hat im Juni 2021 ein Schreiben zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token veröffentlicht. Steuerliche Fragen im Zusammenhang mit Kryptowährungen sollen aber laufend von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe bearbeitet werden, was auf eine mögliche Aktualisierung des Schreibens hindeutet.

Auf der OECD Ebene wird über einen Berichtsrahmen für Kryptovermögen, das sog. Crypto Asset Reporting Framework, diskutiert. Dieser würde Anbieter von Kryptodienstleistungen verpflichten, für relevante Transaktionen im Zusammenhang mit Crypto Assets gewisse Daten zu melden. Eine öffentliche Konsultation hierzu wird vom 21. März bis 29. April 2022 erwartet.

5. Fazit

Der Krypto „Wild West“, wie er vom Chef der amerikanischen SEC genannt wurde, scheint nun endgültig einen Sheriff zu bekommen. Die kommende Regulierung dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Vertrauensschub für den Krypto-Bereich mit sich bringen, was eine weitere Akzeptanz insbesondere bei institutionellen Anlegern zur Folge hätte. Auf der anderen Seite bedeutet die Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen für einige Akteure sowohl finanziell als auch organisatorisch eine gewaltige Herausforderung. Ob es in diesem Zusammenhang zu einer Konsolidierungswelle am Markt kommen wird, wird sich zeigen. Fest steht jedenfalls, dass eine rechtzeitige und gründliche Auseinandersetzung mit der kommenden Regulierung für alle im Krypto-Bereich tätigen Unternehmen unerlässlich ist.

Neuigkeiten