Das Warten hat ein Ende – Level 2 Rechtsakte zur Klima-Benchmark-Verordnung veröffentlicht
Rechtsrahmen der Sustainable Finance Regulierung
Die von der Kommission angestoßene ambitionierte regulatorische Initiative für ein nachhaltiges Finanzwesen nimmt zunehmend Gestalt an. Mit der Verabschiedung der TaxonomieVO, der OffenlegungsVO und einer Ergänzung der BenchmarkVO zur Regelung von Nachhaltigkeits-Benchmarks durch die Klima-BenchmarkVO wurden bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 die Grundlagen der Sustainable Finance-Regulierung geschaffen. Der abgesteckte Rechtsrahmen wird nun nach und nach durch Level 2-Maßnahmen der Kommission ergänzt und konkretisiert. Während die offizielle Veröffentlichung der Level 2-Rechtstexte zur TaxonomieVO noch auf sich warten lässt, liegen nunmehr die finalen Rechtstexte zur Konkretisierung der Klima-BenchmarkVO vor. Damit gibt es für die betroffenen Finanzmarktakteure nun endlich konkrete Vorgaben dazu, wie die Verpflichtungen der Klima-BenchmarkVO umzusetzen sind.
Mehr Transparenz durch Regulierung von Klima-Benchmarks
Benchmarks sind Indizes, die bei der Kursbildung von Finanzinstrumenten und anderen relevanten Vermögenswerten im Finanzsystem eine zentrale Rolle spielen. Insbesondere ermöglichen solche Indizes den Anlegern, die Leistung von Finanzinstrumenten zu messen und zu verfolgen und Vermögenswerte entsprechend einzusetzen. Benchmarks können außerdem Anreize für Unternehmen schaffen, ihre ESG-Performance zu verbessern.
Die mit der Verabschiedung der Klima-BenchmarkVO angestoßene Regulierung von Klima-Benchmarks soll zu mehr Transparenz der Methoden und Merkmale entsprechender Benchmarks beitragen. So sollen die Nutzer die Qualität der Klima-Benchmarks besser beurteilen können. Die Klima-BenchmarkVO verfolgt damit – ebenso wie die TaxonomieVO – das Ziel, einer regulatorischen Fragmentierung innerhalb der EU und einem sog. „Greenwashing“ entgegenzuwirken.
Die Klima-BenchmarkVO führt im Wesentlichen Mindeststandards für zwei unterschiedliche Klima-Benchmarks ein (EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel, sog. EU Climate Transition Benchmarks – „EU CTB“) und Paris-abgestimmte EU-Referenzwerte, sog. EU Paris-aligned Benchmarks – „EU PAB“).
Um Transparenz zu verbessern und eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, regelt die Klima-BenchmarkVO Offenlegungspflichten für Referenzwert-Administratoren. Diese müssen für Referenzwerte und Referenzwertfamilien nach der Klima-BenchmarkVO grundsätzlich offenlegen, ob und inwieweit ihre jeweilige Methode ESG-Faktoren Rechnung trägt und wie ESG-Faktoren in den einzelnen Referenzwerten berücksichtigt werden.
(Verspätete) Level 2-Konkretisierung
Die ambitionierten Fristen der Klima-BenchmarkVO hatte dazu geführt, dass einige Anforderungen bereits von den Finanzmarktakteuren umzusetzen waren, ohne dass eine entsprechende Konkretisierung auf Level 2 Ebene erfolgt war. Auf die drohende Rechtsunsicherheit hatte die ESMA am 29. April 2020 mit jeweils einer Stellungnahme an die Kommission (Opinion) und an die nationalen zuständigen Behörden (No Action Letter) reagiert (dazu bereits im lindenpartners Blog).
Am 3. Dezember 2020 wurden die lang erwarteten Level 2-Rechtsakte nunmehr im Amtsblatt der EU veröffentlicht (Delegierte Verordnungen 2020/1816; Delegierte Verordnungen 2020/1817 und Delegierte Verordnungen 2020/1818). Sie treten am 23. Dezember 2020 in Kraft. Die Level 2-Vorgaben präzisieren die Anforderungen an die von Benchmark-Administratoren abzugebenden Erklärungen darüber, wie ESG-Kriterien in ihren jeweiligen Methoden sowie den bereitgestellten und veröffentlichten Referenzwerten Rechnung getragen wird. Ferner werden die Mindeststandards für EU CTB und EU PAB konkretisiert.
Die Delegierten Rechtsakte enthalten im Vergleich zu den ursprünglichen Entwürfen der Kommission einige Änderungen und Ergänzungen.
Offenlegungspflichten
Das Erfordernis, in der Benchmark-Erklärung Angaben zu den in Anhang 2 des entsprechenden Delegierten Rechtsakts aufgeführten ESG-Kriterien zu machen, gilt allgemein für jeden Referenzwert oder jeder Referenzwert-Familie, die Benchmark-Administratoren zur Verfügung stellen und veröffentlichen. Im Gegensatz zum ursprünglichen Kommissionsentwurf wird damit für die Zwecke des Delegierten Rechtsakts auf eine Definition verschiedener Benchmark-Kategorien verzichtet.
Die praktische Umsetzung der Level 2-Vorgaben wurde dahingehend vereinfacht, dass teilweise Verweise auf Websites möglich sind, um die für die Erklärung erforderlichen Informationen vollständig anzugeben.
Wenn Referenzwerte verschiedene zugrunde liegende Vermögenswerte miteinander verbinden, müssen die Referenzwert-Administratoren erläutern, wie die ESG-Faktoren für die einzelnen zugrunde liegenden Vermögenswerte berücksichtigt werden.
Die Erläuterungen sind jährlich zu aktualisieren sowie immer dann, wenn signifikante Änderungen hinsichtlich der ESG-Faktoren erfolgen.
Die Vorgaben gelten nicht für Referenzwerte, deren zugrunde liegende Vermögenswerte keine Auswirkungen auf den Klimawandel haben (explizit vom Anwendungsbereich ausgenommen werden deshalb Referenzwerte für Zinssätze und Devisen). Die Anforderungen an die Erläuterung zur Berücksichtigung von ESG-Faktoren in der Referenzwert-Methodik gelten – entsprechend der Einschränkung der BenchmarkVO (vgl. Art. 19) – nicht für Rohstoff-Referenzwerte.
Mindestanforderungen für Klima-Benchmarks
Die konkretisierten Mindestanforderungen für EU CTB und EU PAB enthalten Definitionen und Vorgaben zu Emissionsdaten und -zielen. Zudem wurden insbesondere die Regelungen zu Unternehmensausschlüssen präzisiert.
Administratoren von EU CTB müssen demnach in ihrer Methodik zunächst offenlegen, ob und wie sie Unternehmen ausschließen (einige zusätzliche Anforderungen müssen bis zum 31. Dezember 2022 erfüllt werden). Für EU PAB sind bestimmte – vom Level 2 Text konkretisierte – Unternehmen auszuschließen (beispielsweise Unternehmen mit Aktivitäten im Zusammenhang mit umstrittenen Waffen, Tabak, Kohle, Öl, u.a.).
Fazit
ESG-Faktoren können ein erheblicher Wettbewerbsfaktor unter Benchmark-Administratoren sein. Entsprechende Offenlegungspflichten gewährleisten notwendige Transparenz, damit Anleger Benchmarks so auswählen und nutzen können, dass sie ihren (grünen) Anlagepräferenzen entsprechen. Umso wichtiger ist es, dass die Level 2-Vorgaben nunmehr der Rechtsunsicherheit begegnen, die bislang hinsichtlich der Rechtsfolgen und der ordnungsgemäßen Anwendung der BenchmarkVO bestand.