Update zum Blog Beitrag „KRYPTOWERTE UND KRYPTOVERWAHRGESCHÄFT ALS NEUE TATBESTÄNDE IM KWG – NO NEED TO BE AFRAID!“

Ab 2020 benötigen Wallet-Anbieter, die Kryptowerte bzw. Public und Private Keys zu Kryptowerten für andere verwahren, eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis der BaFin.
Dr. Anika Patz
Montag, der 18. November 2019

Wir haben bereits in unserem Blog Beitrag vom August 2019 auf die Änderungen im Zuge der Umsetzung der fünften europäischen Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843 hingewiesen, die ab 2020 unter anderem dazu führen, dass die Verwahrung, Verwaltung und Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln für andere als sog. Kryptoverwahrgeschäft in Deutschland einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht unterstellt wird. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahren sind einige Anpassungen im Vergleich zum Regierungsentwurf erfolgt, die nachfolgend einmal näher beleuchtet werden.

Kein Ring-Fencing Erfordernis für Kryptoverwahrer

Eine gute Nachricht für diejenigen, die neben der reinen Kryptoverwahrung auch andere Bank- oder Finanzdienstleistungen erbringen möchten: Das sog. Ring-Fencing oder das Erfordernis einer ausschließlichen Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft, wie es noch in § 32 Abs. 1f KWG-E des Regierungsentwurfs vorgesehen war, wurde aufgehoben. Danach hätte ein Unternehmen nur dann das Kryptoverwahrgeschäft erbringen können, wenn es keine anderen erlaubnispflichtigen Geschäfte nach dem KWG betreibt. Nunmehr dürfen Unternehmen, die Kryptoverwahrung anbieten, daneben auch andere Finanz- und Bankdienstleistungen erbringen, wenn sie dafür eine Erlaubnis haben.

Ausnahmen für Kryptoverwahrer – insb. nur begrenzte Anwendbarkeit der CRR

Kryptoverwahrer gelten ab 2020 als Finanzdienstleistungsinstitute. Daher ging man zunächst davon aus, dass die Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung, die in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Capital Requirements Regulation, CRR) geregelt sind, auch auf das Kryptoverwahrgeschäft Anwendung finden würden. Hier sieht der Gesetzgeber aber nun in Anlehnung an bereits bestehende Ausnahmen für Anlageberater und Anlagevermittler Erleichterungen für Unternehmen vor, die ausschließlich Kryptoverwahrgeschäft betreiben. Im neu eingefügten § 2 Abs. 7b KWG wird es heißen:

„Auf Finanzdienstleistungsinstitute, die außer dem Kryptoverwahrgeschäft nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 6 keine weiteren Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 erbringen, sind die §§ 10, 10c bis 18 und 24 Absatz 1 Nummer 14 bis 14b, die §§ 24a und 25a Absatz 5, die §§ 26a und 45 [KWG] sowie die Artikel 39, 41, 50 bis 403 und 411 bis 455 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 [CRR] nicht anzuwenden.“

Im Wesentlichen wird damit sichergestellt, dass ein Kryptoverwahrer dauerhaft sein erforderliches Anfangskapital vorhalten muss, das die Anforderungen an Eigenmittel iSd Art. 25 ff. CRR erfüllt. Daneben bleiben die Vorschriften der CRR zur aufsichtlichen Konsolidierung anwendbar (Art. 11 ff. CRR), was dazu führt, dass eine Mutterfinanzholdinggesellschaft ein Tochterunternehmen, das Kryptoverwahrgeschäft betreibt, mit in ihren Konsolidierungskreis aufnehmen müsste, sofern nicht die Ausnahmen des Art. 19 CRR greifen.

Wer also in vollem Umfang von den Erleichterungen des § 2 Abs. 7b KWG Gebrauch machen möchte, sollte sein Unternehmen lieber als eine separate Entity strukturieren, die daneben keine anderen Finanzdienstleistungen erbringt und nicht Tochter einer Mutterfinanzholding ist.

Keine zusätzliche Kryptoverwahrerlaubnis bei Finanzkommissions- und Emissionsgeschäft

Daneben wird lediglich klargestellt, dass wie bereits bisher Unternehmen, die Finanzkommissionsgeschäft oder Emissionsgeschäft betreiben und für einen kurzen Moment Kunden-Finanzinstrumente halten, keine zusätzliche Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft benötigen, wenn sie Kryptowerte für ihre Kunden erwerben oder zur Platzierung übernehmen.

Verlängerung der Grandfathering Period

Die Übergangsfristen werden schließlich auch noch verlängert: Dienstleister, die bereits vor dem 1. Januar 2020 Kryptoverwahrlösungen für andere anbieten, bekommen nun eine verlängerte Übergangsfrist für die Einleitung eines Erlaubnisverfahrens bei der BaFin. Sie dürfen auch nach Inkrafttreten der neuen KWG-Regeln zum 1. Januar 2020 zunächst ohne Erlaubnis weiterhin Kryptoverwahrdienstleistungen erbringen – vorausgesetzt, sie haben die Absicht, einen Erlaubnisantrag zu stellen bis zum 31. März 2020 (zuvor noch 1. Februar 2020) der BaFin schriftlich angezeigt und stellen bis zum 30. November 2020 (zuvor noch 30. Juni 2020) einen vollständigen Erlaubnisantrag nach § 32 KWG.

Übergangsfristen gelten auch für vertraglich gebundene Vermittler

Von den Übergangsfristen können nunmehr auch vertraglich gebundene Vermittler nach § 2 Abs. 10 KWG Gebrauch machen. Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses sieht nunmehr vor, dass vertraglich gebundene Vermittler, die unter dem Haftungsdach eines CRR-Kreditinstituts oder eines Wertpapierhandelsunternehmens tätig sind und als Finanzdienstleistungen eigentlich nur die Anlagevermittlung, die Anlageberatung oder das Platzierungsgeschäft erbringen können, bis zum 30. November 2020 neben ihrer Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler auch das Kryptoverwahrgeschäft betreiben können.

Privilegierung für Zentralverwahrer oder auch „Lex Clearstream“?

Zum Schluss hat sich der Gesetzgeber aber noch einen „Hammer“ aufgehoben: Auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens hat es in den Beratungen des Finanzausschusses dann noch eine interessante Anpassung gegeben, die so bisher in den Entwürfen weder diskutiert noch vorgesehen war:

Im Bericht des Finanzausschusses (BT-Drs. 19/15196, S. 10) findet sich als Beratungsergebnis der großen Koalition (GroKo) folgender Passus, der voraussichtlich so in die Gesetzesbegründung übernommen wird:

„Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD erläuterten, soweit Kryptowerte unter den Finanzinstrumentenbegriff […]der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 […] (Zentralverwahrerverordnung, CSDR) fallen würden und ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem nach Abschnitt A Nummer 3 des Anhangs betrieben und wenigstens eine weitere Kerndienstleistung nach Abschnitt A des Anhangs der vorgenannten Verordnung erbracht werde, sei die Verwahrung der Kryptowerte die Tätigkeit eines Zentralverwahrers im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KWG; § 1 Abs. 1a Satz 2 Nummer 6 trete dahinter zurück. Entsprechend gelte dies für die übrigen Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG. Für eine konkrete Dienstleistung, die bereits als solche als Finanzkommissionsgeschäft oder als Emissionsgeschäft zu qualifizieren sei und die nicht etwa darüber hinausgehe, werde auch in Zukunft die Erlaubnis für eben diese Bankgeschäfte genügen und zusätzlich keine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft einzuholen sein.“

Übersetzt heißt das, dass ein Zentralverwahrer (CSD) keine zusätzliche Erlaubnis für die Erbringung von Kryptoverwahrgeschäft benötigt, wenn er Security Token, die Wertpapiere i.S.d. CSDR und der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) sind, über sein Wertpapierliefer- und abwicklungssystem settelt. Das ist folgerichtig, denn regulierte Zentralverwahrer unterliegen bereits umfassenden Regelungen. Für den einzigen Zentralverwahrer Deutschlands – Clearstream Banking, eine Tochter aus der Gruppe Deutsche Börse – sind das natürlich gute Neuigkeiten. Es ist aus dem parlamentarischen „Buschfunk“ zu hören, dass sich die Gruppe bis zuletzt massiv für eine solche Regelung eingesetzt hat.

ABER: Zu den Kerndienstleistungen eines Zentralverwahrers nach Abschnitt A des Anhangs zur CSDR gehören die folgenden Tätigkeiten:

  • Erstmalige Verbuchung von Wertpapieren im Effektengiro („notarielle Dienstleistung“),
  • Bereitstellung und Führung von Depotkonten auf oberster Ebene („zentrale Kontoführung“),
  • Betrieb eines Wertpapierliefer- und -abrechnungssystems („Abwicklungsdienstleistung“).

Ein (zukünftig erlaubter) Kryptoverwahrer erbringt in einem öffentlichen Blockchain-Environment wie Ethereum solche “Kerndienstleistungen“ regelmäßig nicht. Daher können die Ausführungen auch nur so zu verstehen sein (und von der BaFin anzuwenden sein), dass ein Unternehmen, das für seine Kunden Lösungen anbietet, um Security Token zu übertragen und daneben einen Kundenaccount führt, indem es eine Wallet anbietet, nun nicht zu einem Zentralverwahrer wird.

Eine andere Lesart würde sonst dazu führen, dass eine neue Kryptoverwahrlandschaft in Deutschland nicht entstehen kann. Denn die Erlangung einer Zentralverwahrerzulassung ist für die Tätigkeit von den derzeit im Markt aktiven Unternehmen schlicht nicht leistbar.

Es ist sehr zu hoffen, dass die federführenden Ministerien sowie die Abgeordneten die Trag- und Reichweite dieser auf dem letzten Meter aufgenommenen Regelung erfasst haben. Hilfreich wäre es, wenn die BaFin dies in einem zu erwartenden Hinweisschreiben zur neuen Kryptoverwahrerlaubnis klarstellt.

Ausblick

Es ist davon auszugehen, dass die beschriebenen Anpassungen entsprechend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auch so im finalen Gesetz umgesetzt werden. Die Anpassungen im Zuge des Gesetzgebungsprozesses sind für Kryptoverwahrer positive Entwicklungen und sollten dafür sorgen, dass junge Unternehmen neben den Etablierten einen Eintritt in einen nun regulierten Markt schaffen können. Es zeigt sich aber auch, dass wir erst ganz am Anfang stehen, wenn es darum geht die Funktionsweisen und etablierten Systeme des Finanz- und Kapitalmarktes zu hinterfragen und Strukturen neu zu denken, die uns dezentrale Systeme ermöglichen können. Regulierung sollte nicht dazu führen, dass wir bestehende Systeme perpetuieren, wenn es Technologien gibt, die eine andere, aber ebenso sichere Form der Wertübertragung ermöglichen können.

Dr. Anika Patz

Dr. Anika Patz

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