Aufsichtsbehörden sollen Auswirkung von ESG-Risiken auf das Geschäftsmodell von Wertpapierinstituten analysieren

EBA und ESMA schlagen vor, die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells von kleinen und mittleren Wertpapierfirmen auch mit Blick auf die Wirkungen von ESG-Risiken zu bewerten.
Dr. Nina Scherber
Mittwoch, der 22. Dezember 2021

Worum geht es und wer ist betroffen?

Am 18. November 2021 haben EBA und ESMA ein gemeinsames Konsultationspapier über den Entwurf für Leitlinien über gemeinsame Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) von Wertpapierfirmen („SREP-IF“) veröffentlicht (Konsultationspapier). Der im Konsultationspapier enthaltene Leitlinien-Entwurf („Leitlinien“) betrifft kleine Wertpapierinstitute der Klasse 3 (Art 12 IFR) sowie mittlere der Klasse 2 und richtet sich an deren Aufsichtsbehörden. Die Leitlinien sollen die Einheitlichkeit der Aufsichtspraktiken bei der Bewertung der Wertpapierfirmen sowie der Anwendung von Kapital- und anderen Aufsichtsmaßnahmen gewährleisten und damit zu gleichen Wettbewerbsbedingungen in der gesamten EU beitragen.

Leitlinien konkretisieren den SREP-Rahmen für Wertpapierfirmen

 Die Leitlinien erläutern den Anwendungsbereich des SREP-IF Rahmens unter Berücksichtigung der allgemeinen Vorgaben und Grundsätze der Verordnung (EU) 2019/2033 („IFR“) und der Richtlinie (EU) 2019/2034 („IFD“). Ebenso wie der für die Bewertung von Kreditinstituten geltenden SREP-Rahmen umfasst der mit den Leitlinien eingeführte SRP-IF einer Vielzahl von zu bewertenden Komponenten: Hierzu zählen beispielsweise die Bewertung der internen Governance, der Risiken für das Kapital und die Liquidität, eine angemessene Eigenmittelausstattung ebenso wie die Analyse des Geschäftsmodells der Wertpapierfirma.

Schwachstellen des Geschäftsmodells sollen auch mit Blich auf ESG-Risiken bewertet werden

Das Konsultationspapier schlägt vor, dass die zuständigen Behörden die Analyse des Geschäftsmodels auch dazu nutzen, die wichtigsten Schwachstellen der Wertpapierfirma zu ermitteln, die in Zukunft sehr wahrscheinlich wesentliche Auswirkungen haben oder sogar zu deren Ausfall führen können. Im Rahmen der Bewertung der wichtigsten Schwachstellen, denen Wertpapierfirmen aufgrund ihres Geschäftsmodells und ihrer Geschäftsstrategie ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten, sollen die zuständigen Behörden auch ESG-Risiken und ihre Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells und die langfristige Widerstandsfähigkeit berücksichtigen.

Nachhaltigkeitsbezogene Bewertung von Wertpapierfirmen soll ausgeweitet werden 

Die vorgeschlagenen Leitlinien gehen zurück auf das Mandat aus Art. 35 IFD, mit dem die EBA beauftragt worden war, Kriterien für ESG-Risiken zum Zwecke der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung festzulegen. Hierzu hatte die EBA im Juli 2021 den aus dem Mandat aus Art. 35 IFD abgeleiteten Bericht über ESG-Risiken in Risikomanagement und im Aufsichtsprozess veröffentlicht (Blog lindenpartners), der in seinen Analysen zwar auch Wertpapierfirmen betrachtete, jedoch noch keine detaillierte Überlegungen dazu enthält, wie ESG-Risiken in deren Beaufsichtigung eingebettet werden können. Hier setzt das nun vorgelegte Konsultationspapier von EBA und ESMA an. ESG-Risiken sollen danach in die Identifizierung und Bewertung der wichtigsten Schwachstellen des Geschäftsmodells von Wertpapierfirmen einbezogen werden.

Parallel dazu sollen ESG-Risiken auch in den internen Vorgaben zur Governance sowie zum Risikomanagement einer Wertpapierfirma Berücksichtigung finden. Entsprechendes ergibt sich aus dem Abschlussbericht, den die EBA hierzu am 22. November 2021 vorgelegt hat (Final report)). Perspektivisch steht darüber hinaus außerdem im Raum, weitere Leitlinien zur Einbeziehung von ESG-Risiken in den SREP-IF zu implementieren. Diese werden sich auf die Bewertung der potenziellen Auswirkungen von ESG-Risiken im Rahmen der SREP-Analyse des Geschäftsmodells, der Governance und des Risikomanagements konzentrieren. Auch über eine Ausweitung der Bewertung von ESG-Risiken als Teil der Kapital- und Liquiditätsrisiken wird auf Seiten der EBA nachgedacht.

Dies alles zeigt, dass die Europäischen Aufsichtsbehörden ihren Ankündigungen Taten folgen lassen und Nachhaltigkeitserwägungen umfassend auch in den Aufsichtsprozess von Wertpapierfirmen implementieren.

Stellungnahmen zur Konsultation können bis zum 18. Februar 2022 eingereicht werden.

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