ESMA legt ihre Strategie für nachhaltige Finanzen dar
Nachdem kurz vor Jahresende bereits die EBA ihren Aktionsplan nachhaltige Finanzen veröffentlicht hatte (siehe auch unser Blogbeitrag zum Thema), geht es beim Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor nonstop weiter: Am 6. Februar 2020 hat nun auch die ESMA einen Plan veröffentlicht, in dem sie ihre Strategie zu nachhaltigen Finanzen darlegt. Danach plant ESMA Nachhaltigkeitserwägungen in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zu stellen, indem sie ESG-Faktoren umfassend in ihre Arbeit einbezieht. Vorrangig handelt es sich dabei um Transparenzverpflichtungen, Risikoanalyse bei grünen Anleihen, ESG-Investitionen, Angleichung der nationalen Aufsichtspraktiken in Bezug auf ESG-Faktoren, Taxonomie und Aufsicht.
Verankerung der Nachhaltigkeit im Regelwerk der Finanzaufsicht
ESMA plant, die Nachhaltigkeit stärker im Regelwerk der Finanzaufsicht zu verankern. Ein wesentlicher Schritt wird die Erarbeitung von technischen Standards in Zusammenarbeit mit EBA und EIOPA sein, um den Regulierungsrahmen für Transparenzverpflichtungen durch die Offenlegungsverordnung zu vervollständigen. In diesem Zusammenhang kündigt ESMA außerdem die Teilnahme an der EU-Plattform für nachhaltige Finanzen an, welche die EU-Taxonomie entwickeln und aufrechterhalten sowie die Kapitalströme zu nachhaltigen Finanzen überwachen wird. Aber auch bei anderen technischen Standards, die nicht unmittelbar der Umsetzung des Sustainable-Finance-Pakets dienen, will ESMA den Aspekt der Nachhaltigkeit angemessen berücksichtigen.
Angleichung der Aufsichtspraktiken
Des Weiteren strebt ESMA den Aufbau einer gemeinsamen Aufsichtskultur bei ESG-Faktoren an. Schwerpunktmäßig geht es hierbei darum, das Risiko von „Greenwashing“ zu vermindern, Fehlverkaufspraktiken zu verhindern und die Transparenz und Zuverlässigkeit der Berichterstattung über nicht-finanzielle Informationen zu fördern. Hierfür wird ESMA zunächst die lokalen Aufsichtspraktiken und Anforderungen in Bezug auf ESG-Faktoren erfassen, um die aktuelle Behandlung von ESG-Faktoren besser zu verstehen. Zudem soll ein gemeinsames Verständnis zur Bedeutung der ESG-Faktoren mit allen nationalen Aufsichtsbehörden entwickelt werden. Gleichzeitig soll die Diskussion über geeignete Aufsichtspraktiken gefördert werden. Auf diesen Grundlagen sollen dann Instrumente entwickelt werden, mit denen die Aufsichtstätigkeiten stärker aneinander angenähert werden können.
Stärkere Berücksichtigung von ESG bei der unmittelbaren Aufsicht
Bei den direkt beaufsichtigten Unternehmen wird ESMA künftig, soweit bereits vorhanden, auf die Einhaltung der Leitlinien zu ESG-Faktoren achten. Kurzfristig gehört hierzu insbesondere die Umsetzung der ESMA-Leitlinien zur Offenlegungspraxis für Ratings. Diese Leitlinien fordern von Rating-Agenturen mehr Transparenz darüber, ob ESG-Faktoren ein wesentlicher Faktor für die Änderung eines Ratings sind. Die ESMA wird diese Richtlinien im Rahmen der Aufsicht ab 2020 berücksichtigen. Darüber hinaus wird ESMA die in der BenchmarkVO geregelten neuen Arten von Benchmarks im Zusammenhang mit der Klimaveränderung sowie die verbesserten Offenlegungsanforderungen für alle Benchmarks ab 2022 für Aufsichtszwecke berücksichtigen.
Einbeziehung der ESG-Faktoren in die Risikobewertung
Im Rahmen der Risikobewertung sollen Marktentwicklungen und Risiken im Zusammenhang mit nachhaltigen Finanzen überwacht werden. Die Überwachung wird auf quantitativen und qualitativen Indikatoren basieren, die auf EU-Ebene anzuwenden sind. Die entwickelten Indikatoren können mit den zuständigen nationalen Behörden geteilt und für die Durchführung von Länderanalysen verwendet werden. In diesem Zusammenhang plant ESMA ferner, die ihr zur Verfügung stehenden Daten (z. B. über MiFID II oder EMiR) zur Analyse finanzieller Risiken des Klimawandels zu nutzen.
Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen
Für die Umsetzung ihrer Strategie über nachhaltige Finanzen wird ESMA auch das bereits 2019 eingerichtete Koordinationsnetzwerk für Nachhaltigkeit einsetzen, welches aus Experten der zuständigen nationalen Behörden und Mitarbeitern der ESMA besteht. Unterstützung erhalten soll das Koordinationsnetzwerk von einer in den kommenden Monaten noch einzusetzenden beratenden Arbeitsgruppe von Interessenvertretern.
Fazit
Auch ESMA wird der Nachhaltigkeit zukünftig einen weit größeren Stellenwert einräumen. Soweit es die bestehende Regulierung bereits zulässt, werden ESG-Faktoren unmittelbar eine Rolle spielen. Im Übrigen wird ESMA daran arbeiten, dass ESG-Faktoren in die anstehenden Regulierungen aufgenommen werden. Die betroffenen Unternehmen sollten sich auf diese Pläne der ESMA frühzeitig einstellen.