Mission completed: EBA liefert Bericht zum Management von ESG-Risiken

Die europäische Bankaufsicht (EBA) hat ihren finalen Bericht mit Empfehlungen für die Implementierung von ESG-Risiken im Risikomanagement von Instituten sowie in der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung vorgelegt.
Dr. Nina Scherber,
Maxi Gianna Kerkloh
Thursday July 15th, 2021

Pünktlich hat die EBA am 23. Juni 2021 ihren Auftrag aus Artikel 98 Abs. 8 CRD V erfüllt und den finalen Bericht zum Management sowie zur Überwachung von ESG-Risiken für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen für den Bereich der Bankaufsicht in Säule 2 veröffentlicht. Zur Vorbereitung und Berücksichtigung von Feedback der betroffenen Institute und Stakeholder hatte die EBA zwischen November 2020 und Februar 2021 ein entsprechendes Diskussionspapier konsultiert (Blog lindenpartners), das in weiten Teilen für den finalen Bericht übernommen wurde.

Worum geht es?

Neben Definitionen und Erläuterungen von Begrifflichkeiten wie ESG-Faktoren und Risiken entwickelt die EBA in ihrem Bericht Prozesse, Mechanismen und Strategien, die Institute implementieren sollen, um ESG-Risiken in ihren Geschäftsstrategien, den internen Governance-Regelungen sowie im Rahmen des Risikomanagement professionell zu erfassen, zu bewerten und zu managen (Kapitel 4). Dabei gibt sie den Instituten quantitative und qualitative Indikatoren, Methoden und Metriken an die Hand, die bei der Messung und Bewertung von ESG-Risiken Hilfestellung leisten sollen (Kapitel 3).

Korrespondierend zum Management von ESG-Risiken durch die Institute enthält der Bericht Empfehlungen an die zuständigen Aufsichtsbehörden, wie diese ESG-Risiken in ihrer Aufsichtspraxis berücksichtigen können bzw. wie der aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) dahingehend verbessert werden kann, damit sich auch in diesem Rahmen die vermehrt langfristig auftretenden Auswirkungen von ESG-Risiken besser bewerten lassen.

Vom Diskussionspapier zum finalen Bericht: Was hat sich geändert, was bleibt?

Erwartungsgemäß enthält der Bericht in Struktur und Inhalt keine wesentlichen Abweichungen zum Diskussionspapier aus November 2020. Über die vorgenommenen Änderungen sollen die mit dem Ansatz verfolgten Ziele, insbesondere die Widerstandsfähigkeit der Institute gegenüber ESG-Risiken, klarer zum Ausdruck gebracht oder auch Details über den regulatorischen Zeithorizont ergänzt werden. Neu in den Bericht aufgenommen wurde der Vorschlag für eine schrittweise Einbeziehung von ESG-Risiken in den Aufsichtsprozess (phase-in approach).

Mehr Positives und bessere Verständlichkeit

Daneben bezwecken die erfolgten Änderungen vor allem eine bessere Verständlichkeit: So wurde beispielsweise die Aufzählung der bestehenden Rahmenwerke in Kapitel 2 deutlich erweitert und für eine vereinfachte Übersicht in Kategorien unterteilt (Rahmenwerke, die ESG Faktoren adressieren; Rahmenwerke, die spezifisch ökologische Faktoren adressieren und Rahmenwerke, die spezifisch soziale Faktoren adressieren). Während der Fokus des Diskussionspapiers überwiegend auf den negativen Aspekten von ESG-Faktoren lag, hat man nunmehr – auf Anregung des aus der Konsultation erhaltenen Feedbacks –  auch die positiven Aspekte von ESG-Faktoren stärker in den Blick genommen. Dies hat zu einer entsprechenden Erweiterung der Beispiele für ESG-Faktoren geführt (Table 1).

Definitionen geschärft: Aus Merkmalen werden Belange

Grundsätzlich hält die EBA an der Herleitung ihrer Definitionen fest. Über editorische Änderungen wurden die Definitionen jedoch teilweise präzisiert, um sie auf diese Weise insbesondere mit der Offenlegungsverordnung (SFDR) in Einklang zu bringen. So hat man beispielsweise in der Definition der ESG-Faktoren den Begriff der Merkmale (characteristics) durch Belange (matters) ersetzt, um auf diese Weise die sprachliche Nähe zur SFDR zu erhöhen.

Außerdem wurden die nicht abschließende Auflistung von ESG-Faktoren und Indikatoren in Anhang 1 um acht Begriffserklärungen erweitert und die im Diskussionspapier noch als „Beispiele für physische Risiken mit ökologischen und sozialen Auswirkungen“ bezeichnete Tabelle nun unter dem Begriff der ökologischen Gefahren (environmental hazards) zusammengefasst.

Management von ESG-Risiken durch Institute hat noch Verbesserungspotential

Hauptaugenmerk legt der Bericht auf die Notwendigkeit, ESG-Risiken in die Geschäftsstrategie, Unternehmensführung und das Risikomanagement der Institute zu implementieren. Hier sieht die EBA trotz positiver Entwicklungen noch Verbesserungsbedarf und gibt detaillierte Empfehlungen dazu, wie Institute ESG-Risiken in diese Bereiche einbeziehen können.

Die hierfür vorgeschlagenen Maßnahmen sind dabei zum einen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszurichten, d.h. das Risikoprofil, das Geschäftsmodell und die Größe der einzelnen Institute sind jeweils zu berücksichtigen. Zum anderen soll das Management von ESG-Risiken zugleich die Bewertung der Wesentlichkeit von ESG-Risiken für das jeweilige Geschäftsmodell und Risikoprofil der Institute widerspiegeln. Bei der Vornahme dieser Bewertung sind Übertragungskanäle, ESG-Risiken und ESG-Faktoren gerade auch vor dem Hintergrund ihres ungewissen Zeithorizonts zu berücksichtigen.

Auch wenn der finale Bericht klarstellt, dass Institute weiterhin eigenverantwortlich ihre Strategie festlegen, betont EBA in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, ESG-Risiken in verschiedenen Szenarien zu berücksichtigen und dabei auch einen Zeithorizont von mindestens 10 Jahren zu betrachten.

(Noch) keine verpflichtenden speziellen ESG-Risikoausschüsse

Der Bericht empfiehlt hinsichtlich der Behandlung von ESG-Risiken eine Aufgaben- und Rollenverteilung auf der Geschäftsführungsebene. Die EBA stellt dabei klar, dass Institute Aufgaben und Verantwortlichkeiten in Bezug auf ESG-Risiken entweder in ihre derzeitigen Strukturen einbetten oder spezialisierte ESG-Risikoausschüsse einrichten können, zu letzterem aber nicht verpflichtet sind. Dies reflektiert zugleich die Auffassung der EZB, die sich in der Konsultationsfassung ihres Leitfadens zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit in ähnlicher Weise positioniert hat. Demzufolge sollten Mitglieder der Geschäftsleitung Erfahrung und Wissen in Bezug auf ESG-Risiken aufweisen.

Einbeziehung von ESG-Risiken in den Aufsichtsprozess soll schrittweise erfolgen

Für die Implementierung von ESG-Risiken und ESG-Faktoren in Aufsichtsmechanismen schlägt der finale Bericht nunmehr ein schrittweises Vorgehen vor, beginnend mit der Einbeziehung von ökologischen Faktoren und Risiken in das Geschäftsmodell der Aufsicht und die interne Governance-Analyse. Institute und Aufsichtsbehörden sollen bestärkt werden, Daten und Tools zu sammeln, um einen Quantifizierungsansatz zu entwickeln. In diesem Rahmen verdeutlicht die EBA nochmals die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der bei der aufsichtlichen Einbeziehung von ESG-Risiken und ESG-Faktoren, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem SREP, zu berücksichtigen ist.

Ausblick

Mit ihrem Bericht hat die EBA umfassende Vorarbeiten für die von der EU-Kommission geplante Gesetzgebung in diesem Bereich geleistet. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse des Berichts in die erneuerte Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen (Renewed Strategy on Sustainable Finance) einfließen werden und im Rahmen der anstehenden CRR/CRD-Überprüfung ggf. auch in bindende Gesetzesvorgaben münden.

Die EBA selbst hat angekündigt, auf Grundlage des Berichts u.a. Leitlinien zum Management von ESG-Risiken durch Institute zu entwickeln, sowie die SREP-Leitlinien dahingehend zu aktualisieren, dass ESG-Risiken in die Beaufsichtigung von Kreditinstituten einbezogen werden können.

Maxi Gianna Kerkloh

Maxi Gianna Kerkloh

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