Jetzt wird’s konkret: EU-Kommission legt Vorschlag zur Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor
Unternehmen, die nach der sog. Bilanz-Richtlinie (Richtlinie 2013/34/EU) verpflichtet sind, eine nichtfinanzielle Erklärung abzugeben, werden ab dem 1. Januar 2022 auch darüber zu berichten haben, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten i.S.d. der Taxonomie verbunden sind. Der hierzu nun von der EU-Kommission zur Konsultation veröffentlichten Entwurf einer delegierten Verordnung (Entwurf_DelVO) macht detaillierte Vorgaben dazu, wie die betroffenen Unternehmen die offenzulegenden Informationen zur Taxonomieausrichtung ihrer Wirtschaftstätigkeiten im Einzelnen auszugestalten haben.
Der Entwurf basiert auf Vorschlägen der drei ESAs, für die die ESMA entsprechende Empfehlungen für Nicht-Finanzunternehmen und Asset Manager (ESMA-Advice), EBA für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (EBA-Opinion) und EIOPA für Versicherungsunternehmen (EIOPA-Consultation) jeweils spezifische KPIs und Berechnungsmethoden erarbeitet hatte.
Neben allgemeinen Vorschriften, die für alle berichtspflichtigen Unternehmen einheitlich gelten, enthält der Entwurf in den Artikeln 3-7 unternehmensspezifische Vorgaben, die in den Anhängen I- XI des Entwurfs für die jeweiligen Unternehmen darüber hinaus mittels Tabellen und Templates konkretisiert und erläutert werden.
Um die Umsetzung der umfänglichen Vorgaben vor dem Hintergrund der knappen Zeit bis zum Inkrafttreten der Berichtspflichten bewältigen zu können, sieht der Entwurf eine stufenweise Anwendbarkeit der konkreten Anforderungen vor. Hiernach werden erstmals ab dem 1. Januar 2022 für den Berichtszeitraum 2021 der Anteil der von der Taxonomie erfassten Wirtschaftstätigkeiten sowie bestimmte qualitative Informationen offenzulegen sein. Abgesehen von der Einbeziehung bestimmter Exposures und Investitionen in den Zähler der KPIs sind ab 1. Januar 2023 für den Berichtszeitraum 2022 alle qualitativen Informationen und KPIs zu berichten. Die vollständigen Anforderungen haben die Unternehmen dann ab dem 1. Januar 2025 für den Berichtszeitraum 2024 zu erfüllen.
Nicht-Finanzunternehmen weisen Taxonomieausrichtung über Umsatz, Investitionen und Betriebskosten aus
Nach Artikel 8 TaxonomieVO haben Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor angehören, in ihrer nichtfinanziellen Erklärung anhand der KPIs Umsatz, Investitionsausgaben („CapEx“), Betriebsausgaben („OpEx“) die Taxonomiekonformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen. Der Entwurf der delegierten Verordnung konkretisiert nun diese Kennzahlen und gibt Berechnungsmethoden vor. Der Umsatz-KPI zeigt das Verhältnis zwischen dem Anteil des Nettoumsatzes, der aus Produkten oder Dienstleistungen (einschließlich immateriellen Gütern) stammt, die auf Taxonomien ausgerichtet sind, und dem Nettoumsatz im Sinne von Artikel 2 Ziffer (5) Bilanz-Richtlinie an. Für die KPIs CapEx und OpEx haben Unternehmen jeweils den Anteil ihrer Investitionskosten bzw. ihrer Betriebskosten bezogen auf eine Tätigkeit darzustellen, die entweder bereits an der Taxonomie ausgerichtet ist oder Teil eines glaubwürdigen Plans zur Erweiterung oder Erreichung der ökologischen Nachhaltigkeit ist („CapEx-Plan“). Mit Hilfe des CapEx-Plans sollen die Unternehmen glaubhaft darlegen, dass und wie sie eine Ausrichtung auf die Taxonomie anstreben. Um die Berichterstattung transparent zu gestalten, sollen Unternehmen auch darüber informieren, welcher Anteil ihrer Wirtschaftstätigkeit zwar von der Taxonomie erfasst, aber noch nicht taxonomiekonform ist, d.h. insbesondere die technischen Bewertungskriterien der Taxonomie nicht erfüllt. Darüber hinaus haben Unternehmen auch über den Anteil der Wirtschaftstätigkeiten zu berichten, die bislang nicht von der Taxonomie erfasst sind.
Passgenaue KPIs sollen die Taxonomiekonformität von Finanzunternehmen transparent machen
Da die KPIs Umsatz, CapEx und OpEx weniger geeignet erscheinen, um die ökologische Nachhaltigkeit Im Finanzsektor zu messen, sieht der Entwurf für Kreditinstitute und andere Unternehmen des Finanzsektors speziell auf deren Finanzierungs- und Investitionstätigkeit ausgerichtete Kennzahlen und Berechnungsmethoden für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. So haben Banken nach dem Entwurf jeweils Kennzahlen für bilanzwirksame Aktiva im Zusammenhang mit ihrem Finanzierungsaktivitäten für außerbilanzielle Aktiva sowie für Provisionen und Gebühren im Zusammenhang mit anderen Nicht-Finanzierungsgeschäften offenzulegen.
Hauptindikator für die Offenlegung von Kreditinstituten soll nach dem Entwurf die sog. Green Asset Ratio (GAR) sein, die aufzeigt, inwieweit Kreditinstitute selbst taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten finanzieren bzw. in eine solche investiert sind. Die GAR liefert damit Informationen über das Verhältnis des auf die Taxonomie ausgerichteten Exposures im Verhältnis zum Gesamtexposure eines Instituts. Die Institute legen bei der Berechnung der GAR die Risikopositionen und Bilanz nach dem aufsichtlichen Konsolidierungskreis zugrunde. Der Entwurf enthält außerdem detaillierte Vorgaben für die weiteren Kennzahlen, die Kreditinstitute im Hinblick auf ihre Taxonomieausrichtung offenzulegen haben, u.a. für den KPI zu den an Unternehmen ausgereichten Finanzgarantien, den KPI für das verwaltete Vermögen oder den KPI für Gebühren und Provisionserträge.
Auch für weitere Finanzunternehmen enthält der Entwurf spezifische Vorgaben: Wertpapierfirmen etwa legen KPIs für ihre wichtigsten Wertpapierdienstleistungen und
-tätigkeiten offen, die sie auf eigene Rechnung ausführen, sowie für ihre sonstigen Dienstleistungen und Tätigkeiten. Für Asset Manager wird insbesondere die sog. Green Investment Ratio (GIR) maßgeblich, die den gewichteten Durchschnitt des Wertes der verwalteten, taxonomiekonformen Investitionen im Verhältnis zu allen gedeckten Vermögenswerte unter Verwaltung aufzeigt. Für Versicherungsunternehmen sieht der Entwurf KPIs einerseits bezogen auf ihre Anlagetätigkeit sowie andererseits auf ihre Versicherungstätigkeit vor.
Allgemein gilt für die Berichterstattung aller Finanzunternehmen, dass Risikopositionen gegenüber Zentralstaaten und Zentralbanken in den KPIs nicht zu berücksichtigen sind. Ferner sollen Derivate sowie Risikopositionen gegenüber Unternehmen, die nicht der Berichtspflicht nach der Bilanz-Richtlinie unterliegen, nicht in den Zähler der KPIs aufgenommen werden.
Die EU-Kommission drückt aufs Tempo
Da die Zeit bis zum Inkrafttreten der Berichtspflichten drängt, hat die EU eine ambitionierte Zeitschiene vorgegeben. Bis zum 2. Juni 2021 können Stakeholder ihr Feedback im Rahmen der Konsultation abgeben. Nach einer sich unmittelbar anschließenden Analyse der Rückmeldungen plant die Kommission die Verabschiedung der finalen delegierten Verordnung für Ende Juni 2021.