Die MaRisk für Kleine und Mittlere Wertpapierinstitute sind da!

Die BaFin konsultiert erstmals eigene MaRisk für Wertpapierinstitute – mit abgestuften Anforderungen je nach Größe des Instituts.
Bianca Riddermann,
Dr. Nina Scherber
Friday August 8th, 2025

1. Worum geht es?

Mit der am 6. August 2025 gestarteten Konsultation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Wertpapierinstituten“ (MaRisk WpI) wird erstmals ein eigenständiger, auf das Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) zugeschnittener Rahmen für die Geschäftsorganisation und das Risikomanagement von Wertpapierinstituten (WpI) geschaffen. Ebenso wie bei den Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (MaRisk BA) handelt es sich auch bei den MaRisk WpI um Konkretisierungen des WpIG durch die BaFin, d.h. um deren Verwaltungspraxis. Sie sollen den Wertpapierinstitute aufzeigen, nach welchen Maßstäben die BaFin die Einhaltung der Vorgaben des WpIG durch die Institute beurteilt.

Während für Große WpI gemäß § 4 Satz 1 WpIG die §§ 25a, 25b KWG und darüber hinaus insbesondere die MaRisk BA unmittelbar gelten, haben Mittlere und Kleine WpI diese bislang sinngemäß anzuwenden. Mit der nunmehr zur Konsultation gestellten MaRisk WpI legt die BaFin für Mittlere und Kleine WpIs eigenständige, proportional ausgestaltete Mindestanforderungen für das Risikomanagement vor. Ziel ist es, die Besonderheiten und Heterogenität der Wertpapierinstitute zu berücksichtigen.

2. Struktur und Inhalt

Die MaRisk WpI sind  – wie die MaRisk BA – modular aufgebaut und gliedern sich in einen Allgemeinen Teil (AT) und einen Besonderen Teil (BT).

 Der Allgemeine Teil enthält unter anderem Anforderungen in Bezug auf die Geschäftsorganisation, das Risikomanagement, die Dokumentation, Ressourcen, Anpassungsprozesse und Auslagerungen.

Der Besondere Teil umfasst insbesondere spezifische Anforderungen an interne Kontrollmechanismen, die Organisation des Handelsgeschäfts, die Anbindung vertraglich gebundener Vermittler sowie die Risikomanagementprozesse für verschiedene Risikoarten (Kunden-, Markt-, Instituts-, Liquiditäts- und Abwicklungsrisiken) und die Risikoberichterstattung.

3. Abweichungen und Erleichterungen zur MaRisk (BA)

Zwar orientieren sich die neuen MaRisk WpI auch inhaltlich stark der MaRisk BA, sie enthalten jedoch auch zahlreiche Abweichungen und Erleichterungen, die speziell auf die Besonderheiten und Proportionalität der Wertpapierinstitute zugeschnitten sind. Diese beziehen sich beispielsweise auf:

Proportionalität und Öffnungsklauseln: Die MaRisk WpI sind deutlich stärker auf Proportionalität ausgelegt. Viele Anforderungen gelten nur für Mittlere WpI, Kleine und sehr kleine Institute profitieren von expliziten Erleichterungen. Dies betrifft z. B.:

  • Stresstests: Nur Mittlere WpI müssen regelmäßig Stresstests durchführen, Kleine WpI können sich auf ein adverses Szenario im Rahmen der Kapitalplanung beschränken
  • Interne Revision: Bei sehr kleinen WpI (<10 Mitarbeitende, 1 Geschäftsleiter) kann auf eine Interne Revision vollständig verzichtet werden
  • Risikotragfähigkeit: Vorgaben zur Risikotragfähigkeit finden nur auf Mittlere WpI unmittelbar Anwendung
  • Vereinfachte Strategieprozesse: Der Strategieprozess beziehungsweise die Überwachung der Zielerreichung können bei Kleinen WpI einfach ausgestaltet sein
  • Auslagerung: Eine vollständige Auslagerung der besonderen Funktionen (Risikomangement-Funktion Compliance-Funktion oder Interne Revision) ist nur möglich, sofern deren Einrichtung in Bezug auf die Größe des WpI sowie hinsichtlich der Art und Umfang sowie Komplexität und Risikogehalt der betriebenen Geschäftsaktivitäten als nicht angemessen erscheint. Eine vollständige Auslagerung ist ferner zulässig, sofern das Auslagerungs-unternehmen seinen Sitz im EWR hat und das Wertpapierinstitut und das Auslagerungsunternehmen demselben Konsolidierungskreis nach CRD (RiLi 2013/36/EU)/CRR (VO (EU) 575/2013) oder nach IFD (RiLi (EU) 2019/2034), IFR (VO (EU) 2019/2033) angehören.
  • Auslagerungsbeauftragter: Die Funktion des zentralen Auslagerungsbeauftragten kann – abhängig von der Größe des Wertpapierinstituts sowie der Art, dem Umfang, der Komplexität und dem Risikogehalt der Geschäftstätigkeit – auch einem Mitglied der Geschäftsleitung übertragen werden. Dabei erfolgt aber keine Trennung zwischen Kleinen und Mittleren Wertpapierinstituten. Ist der Auflagerungsbeauftragte Mitglied der Geschäftsleitung, entfällt die Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung.
  • Risikomanagement-Funktion: Die Risikomanagement-Funktion darf bei Kleinen WpI durch einen Geschäftsleiter wahrgenommen werden.
  • Qualitative Wesentlichkeitsprüfung: Die Prüfung der Wesentlichkeit von Risiken darf in der Regel qualitativ erfolgen
  • Risikosteuerung: Die Einrichtung von Limiten und deren Überwachung ist nur für Mittlere WpI verpflichtend.

Risikokategorien: Während die Aufsicht in den MaRisk BA klassische Risikoarten wie Adressenausfall-, Marktpreis-, Liquiditäts- und operationelle Risiken zum Ausgangspunkt ihrer Risikobetrachtung macht, legt sie in den MaRisk WpI den Fokus auf institutsbezogene Risiken. Dabei unterscheidet sie zwischen Risiken die sich aus der laufenden Tätigkeit für die Kunden, für den Markt und für das Institut selbst ergeben können.

4. Fazit

Die MaRisk WpI markieren einen Paradigmenwechsel für Wertpapierinstitute: Erstmals gibt es ein eigenständiges, proportional ausgestaltetes Regelwerk, das die Vielfalt der Institute und ihrer Geschäftsmodelle berücksichtigt. Für Mittlere Institute gelten umfassende Anforderungen, Kleine und sehr kleine Institute profitieren von zahlreichen Erleichterungen, die ihnen eine angemessene Umsetzung ermöglichen, ohne die aufsichtsrechtlichen Ziele zu gefährden.

Die Konsultationsphase bietet die Gelegenheit, branchenspezifische Besonderheiten und Praxiserfahrungen einzubringen. Die Konsultationsfrist läuft bis zum 19. September 2025. Stellungnahmen können bis zu diesem Datum bei der BaFin eingereicht werden.

Wertpapierinstitute sollten die Konsultationsdokumente sorgfältig prüfen, die Auswirkungen auf ihre Organisation analysieren und ggf. Stellungnahmen einreichen.

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