MiCA-Trilog-Fassung: Keine zusätzliche Erlaubnispflicht für Kryptoverwahrung durch Banken?

Regulierte Institute benötigen zum Erbringen von Krypto-Dienstleistungen unter bestimmten Voraussetzungen keine zusätzliche Erlaubnis nach der MiCA.
Caroline Göllner,
Daniel Bögeholz
Friday October 14th, 2022

Am 5. Oktober 2022 wurde der finale Entwurf der Regulation on Markets in Crypto-assets – 2020/0265 (COD) („MiCA“) veröffentlicht, nachdem im Trilog zwischen dem EU-Parlament, dem EU-Rat und der EU-Kommission am 30. Juni 2022 eine inhaltliche Einigung erzielt werden konnte. Die MiCA sieht erstmals eine europaweite Regulierung von Kryptowerten und Kryptowertedienstleistern vor. Während in viele EU-Mitgliedstaaten Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte bisher nicht erlaubnispflichtig waren, gelten in Deutschland Kryptowerte bereits seit 2020 als Finanzinstrumente, womit Finanzdienstleistungen in Bezug auf solche bereits nach geltender Rechtslage erlaubnispflichtig sind, ohne allerdings den Anforderungen des Wertpapierhandelsgesetzes zu unterfallen.

Was gilt nun ab Inkrafttreten der MiCA für solche Institute, die bereits Krypto-Dienstleistungen unter einer Erlaubnis nach Kreditwesengesetz („KWG“) bzw. Wertpapierinstitutsgesetz („WpIG“) erbringen?

Wer braucht eine Erlaubnis nach der MiCA?

Eine Erlaubnis nach der MiCA benötigt grundsätzlich jeder Anbieter von Krypto-Dienstleistungen (crypto-asset service provider, “CASP“) i.S.d. Art. 3 Ziff. 2 (8). Ein CASP wird definiert als eine juristische Person oder ein sonstiges Unternehmen, deren berufliche oder gewerbliche Tätigkeit darin besteht, eine oder mehrere Krypto-Dienstleistungen geschäftsmäßig für Dritte zu erbringen, und die gemäß Artikel 53 zur Erbringung von Krypto-Dienstleistungen berechtigt sind.

Krypto-Dienstleistungen sind dabei die in Art. 3 Ziff. 2 (9) aufgelisteten Dienstleistungen. Diese entsprechen zumindest teilweise einer Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen aus dem Anhang I der Richtlinie 2014/65/EU („MiFID II“), der Richtlinie 2009/65/EG („OGAW-Richtlinie“) und der Richtlinie 2011/61/EU („AIFM-Richtlinie“).

 

MiCA MiFID II OGAW-Richtlinie AIFM-Richtlinie
Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte (Nr. 10) Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder Sicherheiten-verwaltung und mit Ausnahme der Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (Abschnitt B Nr. 1)    
Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte (Nr. 11) Betrieb eines MTF; Betrieb eines OTF (Abschnitt A Nr. 8 und 9)    
Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährung (Nr. 12) und Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte (Nr. 13) Handel für eigene Rechnung (Abschnitt A Nr. 3)    
Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte (Nr. 14) Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden (Abschnitt A Nr. 2)    
Platzierung von Kryptowerten (Nr. 15) Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten und/oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung; Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Abschnitt A Nr. 6 und 7)    
Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte (Nr. 16) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben (Abschnitt A Nr. 1) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (Artikel 6(4) lit. b (iii))
Beratung zu Kryptowerten (Nr. 17) Anlageberatung (Abschnitt A Nr. 5) Anlageberatung Artikel 6(3) lit. b (i)) Anlageberatung (Artikel 6(4) lit. b (i))
Erbringen von Portfolio-Verwaltung zu Kryptowerte (Nr. 17a) Portfolio-Verwaltung

(Abschnitt A Nr. 4)

Individuelle Verwaltung einzelner Portfolios mit einem Ermessensspielraum im Rahmen eines Mandats der Anleger (Artikel 6(3) lit. a) Individuelle Verwaltung einzelner Portfolios im Einklang mit von den Anlegern erteilten Einzelmandaten mit Ermessenspielraum (Artikel 6(4) lit. a)

 

Ein Kryptowert wird in Art. 3 Ziff. 1 (2) definiert als eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können.

Unter den Begriff des Kryptowerts fallen zwar unter anderem auch solche, die bereits Finanzinstrumente nach der MiFID II sind. Diese werden jedoch in Art. 2 Ziff. 3 vom Anwendungsbereich der MiCA ausgeschlossen. Dasselbe gilt für sog. Non-fungible-Tokens („NFTs“) aufgrund der Ausnahme in Art. 2 Ziff. 2a, wenngleich der Begriff „non-fungible“, und damit auch die Ausnahme durch den Erwägungsgrund 6c stark eingeschränkt wird.

Ausnahmen von der Erlaubnispflicht für bereits regulierte Institute

Einer Erlaubnis nach Art. 55 bedarf es unter bestimmten Voraussetzungen nicht, wenn ein Institut bereits regulierte Dienstleistungen erbringt. In Art. 53a ist geregelt, in welchen Fällen regulierte Institute Krypto-Dienstleistungen bereits aufgrund einer Notifizierung der BaFin mindestens 40 Werktage vor dem Erbringen der jeweiligen Krypto-Dienstleistung erbringen dürfen. Die Anforderungen unterscheiden sich danach, um was für eine Art von reguliertem Institut es sich handelt.

So dürfen beispielsweise CRR-Kreditinstitute alle Krypto-Dienstleistungen nach erfolgter Notifizierung erbringen (Art. 53a Ziff. 1). Zentralverwahrer dürfen hingegen nur die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte nach erfolgter Notifizierung erbringen (Art. 53a Ziff. 1a). Bei Wertpapierfirmen ist danach zu differenzieren, für welche Dienstleistungen sie bereits eine Erlaubnis besitzen. Sie dürfen all diejenigen Krypto-Dienstleistungen erbringen, für deren MiFID II-Entsprechung (vgl. Tabelle oben) sie bereits eine Erlaubnis haben (Art. 53 Ziff. 2). E-Geld Institute dürfen die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte sowie die Erbringung von Transferdiensten für Kryptowerte für Dritte nach erfolgter Notifizierung erbringen (Art. 53 Ziff. 3). Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen all diejenigen Krypto-Dienstleistungen erbringen, für deren Entsprechung in der OGAW- bzw. AIFM-Richtlinie (vgl. oben) sie bereits eine Erlaubnis haben (Art. 53 Ziff. 4). Schließlich dürfen Marktbetreiber nach erfolgter Notifizierung eine Handelsplattform für Kryptowerte betreiben (Art. 53 Ziff. 5).

Bisher nicht ausdrücklich geregelt ist, was für Institute gilt, die eine (rein nationale) Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft nach § 32 i.V.m. § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG haben. Diese fallen unter keine der Entsprechungen in Art. 53a, so dass sie nach der Logik des MICA-Entwurfs einen erneuten Erlaubnisantrag stellen müssen. Es bleibt abzuwarten, ob für diese Fälle Erleichterungen eingeführt werden.

Das Notifizierungsverfahren

Für all diese regulierten Institute gilt, dass die Notifizierung die in Art. 53a Ziff. 6 gelisteten Angaben enthalten muss, darunter ein Geschäftsplan, eine Beschreibung der internen Kontrollmechanismen, eine technische Dokumentation der IT-Systeme, eine Beschreibung des Verfahrens zur Trennung von Kryptowerten und -Geldern des Kunden sowie dienstleistungsspezifische Angaben. Liegen diese Angaben der BaFin bereits vor, so reicht ein Hinweis darauf, dass die vorliegenden Angaben noch aktuell sind (Art. 53a Ziff. 6a).

Die BaFin kann innerhalb einer Frist von 20 Tagen weitere Informationen anfragen, sofern die Angaben unvollständig sind. Die Krypto-Dienstleistung darf jedoch erst dann erbracht werden, wenn die Angaben vollständig bei der BaFin eingegangen sind (Art. 53a Ziff. 6a).

Weitere Ausnahmen für bereits regulierte Institute

Im Grundsatz unterliegen diejenigen Institute, die nach Art. 53a keine gesonderte Erlaubnis benötigen, allen anderen Anforderungen aus der MiCA. Eine Ausnahme gilt für die Eigenmittelanforderungen nach Art. 60 sowie die Inhaberkontrolle nach Art. 74 und 75. Für diese enthalten die jeweils einschlägigen Richtlinien, nach denen die regulierten Institute zugelassen wurden, eigene Anforderungen.

Reichweite der Erlaubnis

Nach Art. 53 Ziff. 3 dürfen die CASPs ihre Krypto-Dienstleistungen in der gesamten Union erbringen, und zwar entweder im Rahmen der Niederlassungsfreiheit, einschließlich der Errichtung einer Zweigniederlassung, oder im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs. Das Verfahren hierfür ist stark an die Vorgaben für den „Europäischen Pass“ angelehnt.

Dies setzt eine vorherige Notifizierung bei der BaFin nach dem in Art. 58 geregelten Verfahren voraus. Eine physische Präsenz in dem Hoheitsgebiet eines Aufnahmemitgliedstaats ist hingegen nicht erforderlich. Im Rahmen der Notifizierung sind lediglich die in Art. 58 Ziff. 1 (a) bis (d) genannten Informationen bei der BaFin einzureichen, mithin

  • eine Liste der Mitgliedstaaten, in denen der CASP beabsichtigt, Krypto-Dienstleistungen zu erbringen;
  • das Startdatum für die beabsichtigte Erbringung der Krypto-Dienstleistungen;
  • eine Liste aller sonstigen Tätigkeiten des CASP, die nicht unter diese Verordnung fallen und
  • die Krypto-Dienstleistungen, die der CASP grenzüberschreitend zur erbringen beabsichtigt.

Die BaFin teilt diese Angaben innerhalb von 10 Werktagen ab ihrem Erhalt den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates, der ESMA und der EBA mit und informiert den CASP unverzüglich über die erfolgte Mitteilung. Eine Aufnahme der Tätigkeit in dem Aufnahmemitgliedstaat ist ab dieser Information über die erfolgte Mitteilung, spätestens aber 15 Kalendertage ab Einreichung der in Art. 58 Ziff. 1 (a) bis (d) genannten Informationen erlaubt.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass die MiCA im Laufe des Jahres 2024 anwendbar wird: Nachdem der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments am 10. Oktober dem finalen Entwurf zugestimmt hat, wird dieser in einem nächsten Schritt voraussichtlich im Dezember 2022 dem EU-Parlament vorgelegt und nach dessen Zustimmung formal in das Amtsblatt der EU aufgenommen. Die Verordnung tritt nach Art. 126 am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Die Verordnung wird dann in Gänze 18 Monate nach Inkrafttreten anwendbar, mit Ausnahme der Bestimmungen der Titel III und IV zu wertreferenzierten Token und E-Geld-Token, für die eine kürzere Frist von 12 Monaten vorgesehen ist.

Institute, die bereits jetzt Finanzdienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte erbringen und die dafür erforderliche Erlaubnis besitzen, benötigen keine zusätzliche Erlaubnis nach der MiCA. Sie müssen lediglich 40 Tage vor Aufnahme der Tätigkeit die BaFin notifizieren. Daneben sind nahezu alle laufenden Anforderungen aus der MiCA einzuhalten, mit Ausnahme der Eigenmittelanforderungen und der Inhaberkontrolle.

Etwas anderes gilt nur für Kryptoverwahrer, da es sich dabei um eine rein nationale Erlaubnis handelt, die nicht auf der MiFID II beruht. Solche Institute müssen – soweit aktuell ersichtlich – eine neue Erlaubnis beantragen.

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