Mit dem drei-DIN-A4-seitigen Wertpapier-Informationsblatt zum regulierten ICO

Der Gesetzgeber hat wesentliche Erleichterungen für Wertpapieremittenten im Wertpapierprospektrecht umgesetzt, die am 21. Juli 2018 in Kraft getreten sind. Die neuen Regelungen kommen nicht nur KMU zugute, sondern können auch Initial Coin Offerings (ICOs) in Deutschland einfacher machen.
Mittwoch, der 14. November 2018

Substance over Form

Spätestens seit dem Hinweisschreiben der BaFin vom 20. Februar 2018 muss jedem klar sein, dass Token oder Kryptowährungen von der Aufsicht – je nach Ausgestaltung – als Finanzinstrumente angesehen werden. An dieser Aufsichtspraxis ändert auch das Urteil des Kammergerichts Berlin nichts, das mit Urteil vom 25.09.2018 entschieden hatte, dass Bitcoins keine Rechnungseinheiten i.S.d. KWG seien und der gewerbliche Handel mit Bitcoins über eine Plattform daher nicht strafbar sei. Unter bestimmten Voraussetzungen können Token auch Wertpapiere sein. An die Einordnung als Wertpapier knüpfen sich rechtliche Folgen und Prospektierungspflichten. Aus Sicht der BaFin kommt es für die Einordnung eines Tokens als Finanzinstrument/Wertpapier maßgeblich auf die „Ausgestaltung der in dem Token verkörperten Rechte“ an. Nicht entscheidend ist die bloße Bezeichnung z.B. als „Utility Token“. Wer daher plant, als „Utility Token“ bezeichnete Token im Rahmen eines ICOs auszugeben, die eigentlich aber schuldrechtliche Ansprüche verkörpern und daneben auch übertragbar und auf Token-Börsen handelbar sein sollen, der sollte sich noch einmal über die geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen informieren. So können Prospekthaftungsansprüche entstehen, wenn ein prospektpflichtiges öffentliches Angebot von sog. Security Token ohne Wertpapierprospekt erfolgt. Das Nichtveröffentlichen eines Wertpapierprospekts stellt bei bestehender Prospektpflicht eine Ordnungswidrigkeit dar mit Geldbußen bis zu 100.000 EUR.

Europaweit unter 1 Million EUR

Seit dem 21. Juli 2018 gilt in Europa einheitlich die Schwelle für das Bestehen einer Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren bei 1 Million EUR. Grund hierfür ist die neue EU-Prospektverordnung vom 14. Juni 2017. Sie schreibt vor, dass unterhalb dieser Schwelle europaweit Wertpapiere ohne Prospekt öffentlich angeboten werden dürfen. Ferner ist die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt möglich. Diese Änderung ist wesentlich. Denn im Vergleich zur Vorgängerregelung lag die Schwelle noch bei weniger als 100.000 EUR.

Einen draufsetzen: das neue WIB

Der deutsche Gesetzgeber setzte noch einen drauf. Er befreit von der Pflicht zur Prospekterstellung bzw. -veröffentlichung, wenn der Gesamtgegenwert der Wertpapiere „weniger als“ 8 Millionen EUR beträgt.

Anstatt eines umfangreichen Prospektes genügt ein dreiseitiges Wertpapier-Informations-Blatt (WIB). Es muss mindestens die wesentlichen Informationen über die Wertpapiere und die Beteiligten in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten (§ 3a WpPG). Die Angaben in dem Wertpapier-Informationsblatt sind dabei kurz zu halten. Die Sprache muss verständlich sein. Der Inhalt ist redlich, eindeutig und nicht irreführend zu gestalten. Um ein Wertpapier-Informationsblatt veröffentlichen zu können, bedarf es der Gestattung durch die BaFin.

Im Vergleich zum Umfang eines Wertpapierprospekts, bietet das Wertpapier-Informationsblatt einen echten Mehrwert.

Anlageschwellen unbedingt beachten

Um nicht-qualifizierte Anleger zu schützen, sind bei prospektfreien Angeboten ab 1 Million EUR Anlageschwellen zu beachten. Die Befreiung von der Prospektpflicht gilt nur dann, wenn die Wertpapiere ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden. Dieses muss Folgendes prüfen: Liegt der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem nicht-qualifizierten Anleger erworben werden können, über dem Betrag von 1.000 EUR? Alternativ, liegt der Betrag über 10.000 EUR und verfügt der Anleger über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 EUR? Oder investiert er maximal den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens?

Das große Aber: EU-Passporting erfordert Prospekt

Die Vereinfachung gilt aber dann nicht, wenn ich passporten möchte: Ohne Prospekt oberhalb 1 Million EUR kein Passporting und keine Notifizierung ohne Prospekt innerhalb der EU.

Mal sehen was die Nachbarn machen

Emissionen im zweistelligen Millionenbereich (berechnet in EUR) sind mit einem Wertpapier-Informationsblatt nicht durchführbar. Interessant wird aber zu sehen, wie andere Länder die Regelungen der EU-Prospektverordnung umsetzen. Wenn die Hürden niedrig sind, könnte sich ein quasi europäischer Zugang durch nationale Regelung ergeben. Anstatt zu passporten würden Angebote dann in den einzelnen Mitgliedsstaaten stattfinden.

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