Fällt der Sommerurlaub aus? Ferienhausvermietung in der Krise

Schon die durch aktuelle Rückforderungsansprüche von Kunden ausgelösten Liquiditätsschwierigkeiten bedrohen Luftfahrtgesellschaften und große Reiseunternehmen, Konzert- und Kulturveranstalter, Fußballvereine, aber auch Hotelbetreiber und Ferienhausvermieter. Die Situation droht sich noch zu verschärfen.
Dr. Matthias Birkholz
Thursday April 9th, 2020

Angst um den Sommerurlaub“ so hieß es gestern in der Tagesschau. Selbst bei einer schrittweisen Lockerung der Beschränkungen werde, so wurde Bundesärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt zitiert, die Corona-Pandemie das Land noch mindestens bis zum Sommer beschäftigen. Auch die Sommerferienpläne der Bundesbürger sind daher akut gefährdet und mit ihnen die Existenz vieler in der Reisebranche.

Die Bundesregierung plant zwar, einem Teil der Betroffenen durch eine Gutscheinlösung zu helfen, bei der an die Stelle der Geldrückzahlung – wenigstens für einen Übergangszeitraum – die Ausgabe von Gutscheinen tritt. Allerdings sind in dem aktuellen Gesetzentwurf Betreiber von Hotels und Ferienhäusern von dieser Lösung nicht umfasst. Sie werden daher vermutlich weiter mit Buchungsstornierungen und entsprechenden Rückforderungsverlangen ihrer Gäste konfrontiert werden.

In der Regel sind Stornierungen angesichts der Corona-Krise berechtigt. Hoteliers und Ferienhausvermietern können versuchen, die Rückzahlung geleisteter Anzahlungen unter Hinweis auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu verweigern und auch ohne gesetzliche Sonderregelung ihren Gästen Gutscheine anbieten. Ob Gerichte diesen Weg mitgehen werden, erscheint jedoch – vorsichtig ausgedrückt – keinesfalls sicher.

Keine Anwendbarkeit der Regelungen für Pauschalreisen für individuelle Ferienhausbuchungen

Bei Pauschalreisen ist die grundsätzliche Risikoverteilung in Krisenzeiten eindeutig. Das Risiko von außergewöhnlichen Umständen am Reiseort trägt der Reiseveranstalter. Reisende sind zur Stornierung berechtigt und können bereits geleistete Anzahlungen zurückzahlen. Das BGB sieht in Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie aus dem Jahr 2018 in §§ 651a ff. und §§ 651w ff.  besondere Regeln für Pauschalreisen vor. So gibt § 651h Abs. 1 BGB dem Pauschalreisenden vor Reiseantritt ein jederzeitiges Rücktrittsrecht. Während dieses grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters auslöst, entfällt diese Entschädigung nach § 651h Abs. 3 BGB, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Bestimmungsort die Reise erheblich beeinträchtigen. Egal man insofern behördliche Reisebeschränkungen oder auch „nur“ das Corona-bedingte Ansteckungsrisiko heranzieht, diese Voraussetzung ist in der Corona-Krise regelmäßig erfüllt.

Vorrang der Individualvereinbarung

Bei individuell gebuchten Reisen sind die für Pauschalreisen geltenden Sondervorschriften nicht anwendbar. Es gilt stattdessen das BGB mit den Regeln des allgemeinen Schuldrechts und des Mietrechts.

Vor allem aber können die Parteien ihre Rechtsbeziehungen weitestgehend frei und selbständig regeln. Das Verhältnis der Vertragsparteien zueinander und die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmen sich daher zunächst einmal nach den jeweiligen zwischen ihnen getroffenen vertraglichen Abreden.

Dabei werden von Anbietern in aller Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet. Diese sind dann Grundlage für die Vertragsbeziehung, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurden und die jeweilige Klausel nicht wegen Verstoß gegen die Regelungen des AGB-Rechts unwirksam sind.

Stornoregelungen und AGB

Bei Corona-bedingten Stornierungen dürften eine Bezugnahme auf die jeweiligen Stornoregelungen in ihren AGB Ferienhausvermietern kaum helfen.

AGB unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Unter anderem sind Klauseln dann unwirksam, wenn der Vertragspartner durch sie unangemessen benachteiligt wird. Eine solche Benachteiligung ist unter anderem dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken einer Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB).

Bei  befristeten Verträgen zur vorübergehenden Überlassung von Wohnraum  wird Mieter nicht dadurch von seiner Mietzahlungspflicht befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird (BGB § 537 Abs. 1 Satz 1). Allerdings muss sich der Vermieter nach § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB die ersparten Aufwendungen sowie diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus der anderweitigen Verwertung des Gebrauchs, etwa durch Neuvermietung erlangt. Insoweit ist bei Pauschalisierungsätzen in Stornoklauseln generell Vorsicht geboten.

Vor allem aber gilt: Was in Corona-Zeiten im Risikobereich des Mieters liegt, wird sich nicht auf der Grundlage von AGB-Regelungen beantworten lassen, sondern nur nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen, nämlich nach denjenigen für Unmöglichkeit und Störung der Geschäftsgrundlage. Vermieter werden daher in der jetzigen Krise nicht mit Klauseln durchkommen, die eine Weiterzahlungspflicht auch in Fällen höherer Gewalt und Unmöglichkeit vorsehen.

Allgemeine Regeln der Risikoverteilung

Da nach § 537 Abs. 1 BGB persönliche Hinderungsgründe kein Grund sind, die Mietzahlung zu verweigern, besteht die Mietzahlungspflicht des Ferienhausgastes fort, wenn der Mieter wegen Krankheit oder plötzlicher beruflicher Verpflichtungen seinen Aufenthalt nicht antreten kann.

Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn Gäste ihren Wohnort wegen Quarantänebestimmungen nicht verlassen dürfen, die gebuchte Ferienwohnung aber weiter vermietet werden darf und auch für Reisende grundsätzlich erreichbar und zugänglich ist.

Was aber ist mit den Fällen von Zugangsbeschränkungen oder des Verbots der Aufnahme von Gästen? So hat beispielsweise die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern in ihrer „Verordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern (SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung – SARS-CoV-2-BekämpfV) vom 3. April 2020“ alle Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern verboten. Nach § 3 SARS-CoV-2-BekämpfV MV ist es Betreibern von Hotels und gewerblichen Vermietern von Ferienwohnungen und vergleichbaren Angeboten, wie z. B. homesharing, gegenwärtig komplett untersagt, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen.

Auch hier ist die Sache klar. Wenn – wie in einem solchen Fall – die Vermietung objektiv (jedermann) unmöglich ist, entfällt nach § 275 Abs.1 BGB die Leistungspflicht des Vermieters. Der Feriengast als Vertragspartner ist dann allerdings auch von der Leistungspflicht befreit (§ 326 Abs. 1 BGB). Etwa geleistete Anzahlungen sind zurückzuzahlen.

Berufung auf Störung der Geschäftsgrundlage als Ausweg?

Ein denkbarer Ansatz, eine Rückzahlung geleisteter Anzahlungen gleichwohl zu verweigern, könnte jedoch die Berufung auf den in § 313 BGB normierten Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage sein.

Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Dass die Corona-Krise hat auch im Hinblick auf die Ferienhausvermietung massive Auswirkungen auf die Durchführung von Verträgen hat und diese in ihrer Tragweite beim Vertragsschluss vor März 2020 nicht vorhergesehen wurden, dürfte unschwer zu bejahen sein. Schwieriger ist bei der Antwort auf die Frage nach dem Schicksal von Anzahlungen, ob sich nicht insofern aus der Vertragsbeziehung eine weitreichende Risikozuweisung zu Lasten der Vermieter ergibt (normatives Element, § 313 I BGB aE). Das würde eine Vertragsanpassung ausschließen.

Anhaltspunkt für eine Argumentation zugunsten der Vermieter könnte sein, dass es eben auch Entwicklungen gibt, die so vertragsfern und derart außergewöhnlich sind, dass keine der Parteien das entsprechende Risiko allein tragen soll. Auch diesen soll das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage Rechnung tragen. Unter der „großen Geschäftsgrundlage“ versteht man in diesem Sinne die Erwartung, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern, dass die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Auch unterhalb dieser Schwelle hielt es z.B. das OLG Karlsruhe im Jahr 1992 im Zusammenhang mit der Absage eines Faschingsumzugs wegen des Ausbruchs des Golfkriegs für wider Treu und Glauben, bei behördlicher Untersagung einer Veranstaltung wegen des Golfkrieges eine Partei mit den entsprechenden Folgen aus einem Kriegsereignis alleine zu belasten.

Eine derartige Gefahrgemeinschaft mag man durchaus angesichts der Unmöglichkeit der Ferienhausvermietung in Corona-Zeiten versuchen zu begründen. Die Gewährung von Gutscheinen für einen späteren Aufenthalt könnte einen solchen angemessene Interessenausgleich darstellen.

Ob Gerichte dieser Argumentation folgen würden, ist jedoch alles andere als sicher. Möglicherweise kann man aber unter Hinweis auf die insoweit auch für die Feriengäste unsichere Rechtslage diese davon zu überzeugen, freiwillig auf eine Rückzahlung geleisteter Anzahlungen zu verzichten und stattdessen einen entsprechenden Gutschein für einen späteren Aufenthalt zu akzeptieren.

Noch besser wäre allerdings, wenn die Bundesregierung auch Hotels und Ferienhausvermieter in die für Reiseveranstalter und Luftverkehrsunternehmen geplante gesetzliche Gutscheinlösung einbeziehen würde.

Allerdings kann das Argument einer Störung der Geschäftsgrundlage im Einzelfall auch gegen Ferienhausvermieter gewendet werden. Die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage kann auch ein Anlass für Feriengäste sein, in der gegenwärtigen Situation ein Sonderkündigungsrecht zu begründen in Fällen, in denen es nach der Norm des § 537 BGB eigentlich in ihren Risikobereich fällt, wenn sie ihre Reise nicht antreten. Das könnte etwa der Fall sein bei einer Verhinderung wegen Quarantäne am Heimatort oder wegen einer allgemeinen, aber nicht verbindlichen Reisewarnung.

Entschädigungen wegen Vermietungsverboten?

Die Vermietungsverbote und Zugangsbeschränkungen für Urlauber erfolgen regelmäßig durch Allgemeinverfügungen unter Berufung auf die Eingriffsermächtigung in § 28 Infektionsschutzgesetz – IfSG oder durch eine entsprechende Verordnung nach § 32 IfSG. Eine behördliche Entschädigung dafür wird kaum zu erlangen sein.

65 Abs. 1 IfSG enthält eine beschränkte Entschädigungsregelung u.a. für nicht nur unwesentliche Vermögensnachteile, die durch bestimmte Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten verursacht werden (Maßnahmen nach den §§ 16, 17 IfSG). Darum geht es bei den Maßnahmen nach § 28 IfSG aber gerade nicht. Diese setzen eine Bekämpfung bereits aufgetretener Krankheiten voraus. § 56 Abs 1 IfSG sieht in diesem Zusammenhang eine Entschädigungsregelung lediglich vor bei Tätigkeitsverboten für „Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern“ und die aus diesen Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegen oder unterworfen sind. Darum geht es bei den pauschalen Einreiseverboten oder auch Vermietungsverboten aber nicht.

Für diese ist eine ausdrückliche Schadensersatzregelung im IfSG nicht normiert. Allerdings wird bereits die Ansicht vertreten, dass hier eine analoge Anwendung von § 56 IfSG oder eine allgemeine Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht zu ziehen ist. Eine Analogie dürfe allerdings ausscheiden, da man insofern kaum von einer planwidrigen Regelungslücke wird sprechen können. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber bewusst für eine nur sehr eingeschränkte Entschädigungspflicht entschieden. Und ob das für eine Entschädigung nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche Sonderopfer bei einer globalen Krise, die alle trifft, vorliegen kann, erscheint höchst fraglich.

Zu denken wäre allenfalls an einen allgemeinen Amtshaftungsanspruch wegen rechtswidrigen Verwaltungshandelns. Erste Zweifel, ob § 28 IfSG die gegenwärtigen Allgemeinverfügungen tatsächlich trägt, sind zwar bereits geäußert worden. Übertriebene Hoffnungen, dass sich auf diese Weise ein entsprechender Entschädigungsanspruch gegen die öffentliche Hand mit Erfolg vor Gericht begründen lassen wird, sind gleichwohl zumindest auf den ersten Blick nicht angezeigt.

Foto: Sophie Schwarzenberger 

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