Der Fall Netflix zeigt: Vorsicht bei Preisanpassungen

Netflix scheitert erneut mit Preisanpassungen. Nicht nur seine Preisanpassungsklausel in den AGB wird erneut für unzulässig erklärt. Auch Bemühungen um aktive Zustimmung des Kunden misslingt.
Dr. Friederike Schulte zu Sundern
Friday May 30th, 2025

Kein Angebot, keine Annahme, kein Änderungsvertrag…

Das LG Köln hat in einer aktuellen Entscheidung eine Preiserhöhung von Netflix für unzulässig erklärt – obwohl der Kunde über einen Buttons „Preiserhöhung zustimmen“ seine Zustimmung signalisiert hatte. Das Urteil reiht sich in die jüngste Rechtsprechung ein, die Preisanpassungsklauseln bei Streaming-Diensten kritisch bewertet.

Der Teufel steckt hier jedoch wie so oft im Detail. Das Gericht beanstandete nicht den Button selbst oder dessen Formulierung, sondern erklärte die Gesamtgestaltung der Durchführung der Preiserhöhung – genauer der Eindruck, der durch beim Kläger als Vertragspartner entstanden sei – für unzulässig. Hier war der Button nämlich in ein Textfeld eingebunden. Hierdurch – so das Gericht – sei bei dem Kunden der Eindruck erweckt worden, die Preiserhöhung werde in jedem Fall erfolgen und hänge gerade nicht von der Mitwirkung des Kunden ab.

Verstärkt wurde dieser Eindruck aus Sicht der Kammer, weil Netflix sich in seinen AGB auch ein einseitiges Preisanpassungsrecht vorbehalten hatte. Der Kunde müsse daher davon ausgehen, mit dem ihm angezeigten Button setze der Anbieter nur sein Preisanpassungsrecht um, ohne dass der Kunde dies durch sein Verhalten noch beeinflussen könne. Im Ergebnis habe daher weder Netflix dem Kunden ein wirksames Angebot zur Anpassung des Vertrags gemacht, noch habe der Kunde ein solches Angebot durch Klicken auf den Button angenommen: ein entsprechender Änderungsvertrag sei nicht zustande gekommen.

…und auch keine einseitige Vertragsänderung

Auch eine einseitige Vertragsänderung i.S.v. § 315 BGB sei nicht gegeben. Die entsprechende Klausel in den AGB benachteilige den Kunden unangemessen und sei daher gem. § 307 BGB unwirksam. Insofern schließt sich das LG der Auffassung des KG Berlin an. Da der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Kammergerichts mit der Begründung abgewiesen habe, dass es keine umstrittenen Rechtsfragen betreffe und auch die Unangemessenheit von Preisanpassungsklauseln hinlänglich geklärt, sieht auch das LG Köln keinen Grund zu einer abweichenden Beurteilung.

2023 hatte das KG Berlin bereits die von Netflix verwendete Preisanpassungsklauseln für unwirksam erklärt (Urteil vom Urteil vom 15.11.2023 – 23 U 15/22 bzw. 23 U 112/22 zu einer ähnlichen Klausel von Spotify). Die Klausel räume Netflix auf der einen Seite die einseitige Preiserhöhung ein, ohne auf der anderen Seite auch eine Pflicht zur Preissenkung vorzusehen (sog. Gebot der Reziprozität). Damit weiche sie vom grundlegenden Prinzip der wechselseitigen Zustimmung im Vertragsrecht ab. Ein solcher einseitiger Eingriff in den ausgehandelten Vertrag sei nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse bestehe. Dies soll nach Ansicht des KG und nun auch des LG Köln jedoch gerade fehlen, wenn wie hier eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit (seitens der AGB-Verwenderin) bestehe und sie technisch ohne nennenswerten Aufwand die erforderliche Zustimmung des Kunden als Vertragspartner einholen könne. Dem Risiko, sich dem Wettbewerb stellen zu müssen und bei diesem Manöver auch Kunden zu verlieren, müsse sich der Anbieter stellen und könne sich nicht auf Kosten des Vertragspartners von diesem Risiko befreien. Damit dürfte ein obiter dictum des BGH aus dem Jahr 1980 bis auf Weiteres überholt sein: Damals hatte der BGH im Zusammenhang mit Zeitschriftenabonnements ausgeführt, solche Änderungskündigungen seien dem Lieferanten wegen des übermäßigen Aufwands und den damit verbundenen Kosten nicht zuzumuten.

Fazit: Vorsicht bei der Ausgestaltung von Preisanpassungen

Die Entscheidung des LG Köln verdeutlicht erneut, dass bei Preiserhöhungen in Dauerschuldverhältnissen Verbrauchern gegenüber auch in rechtlicher Hinsicht Fingerspitzengefühl erforderlich ist. Preisanpassungsklauseln in AGB können zwar zulässig sein. Sie müssen in ihrer Formulierung aber sicherstellen, dass das Gebot der Reziprozität gewahrt bleibt. Und auch der Weg über die Einholung der Zustimmung zur Preisanpassung birgt seine Tücken in der konkreten Ausgestaltung. Es reicht nicht, den Kunden irgendwie dazu zu bewegen, auf den Button „Zustimmen“ zu klicken, sondern der Kunde muss dabei auch in dem Bewusstsein handeln, der Preiserhöhung selbst zuzustimmen und sie so zu ermöglichen.

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