Kryptowerte und Kryptoverwahrgeschäft als neue Tatbestände im KWG – no need to be afraid!

Im Zuge der Umsetzung der fünften europäischen Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843 hat sich der deutsche Gesetzgeber dazu entschieden, den Begriff der sog. Kryptowerte in das Kreditwesengesetz (KWG) einzufügen. Zudem wird die Verwahrung von solchen Kryptowerten für andere als sog. Kryptoverwahrung einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht unterstellt. So sieht es der kürzlich vorgelegte Regierungsentwurf vor.
Dr. Anika Patz
Thursday August 1st, 2019

Was sind Kryptowerte?

Kryptowerte sind Finanzinstrumente; die bestehende Definition wird entsprechend erweitert (§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 10 KWG-E). Es handelt sich um „digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Vom Begriff der Kryptowerte ausgenommen sind in- und ausländische gesetzliche Zahlungsmittel, E-Geld sowie Verbundzahlungssysteme und Zahlungsvorgänge von Anbietern elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste.

Der Begriff Kryptowerte soll also Token mit Tausch- und Zahlungsfunktion, also insbesondere Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether, sowie auch zu Anlagezwecken ausgegebene Token, sog. Security Token oder Investment Token, erfassen. Kryptowährungen werden daneben auch weiterhin, wie bisher, als Rechnungseinheiten nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG erfasst. Neben der Einordnung als Kryptowerte erfüllen Security Token ggf. die Voraussetzungen von Schuldtiteln, die i.d.R. Wertpapiere sind, Vermögensanlagen oder Investmentvermögen nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2, 3 und 5 KWG.

Auch wenn der Tatbestand der Kryptowerte als Auffangtatbestand konzipiert sein soll, heißt das nicht, dass ein Token entweder ein Schuldtitel oder ein Kryptowert ist. Vielmehr kann ein Token auch mehrere Eigenschaften eines Finanzinstruments i.S.d. KWG vereinen. Das wird auch im Vergleich zum vorausgegangenen Referentenentwurf deutlich, der noch eine Formulierung vorsah, wonach „Kryptowerte, soweit nicht von Nummer 1 bis 9 erfasst“ eine Unterordnung unter die anderen Finanzinstrumente vermuten ließ. Diese Formulierung findet sich so nun aber nicht mehr im Regierungsentwurf.

Reine Utility Token sind keine Kryptowerte

Bloße Utility Token, die wirtschaftlich die Funktion eines reinen elektronischen Gutscheins für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen des jeweiligen Emittenten haben, und daher nicht handelbar sein sollen, werden nicht als Kryptowerte i.S.d. KWG erfasst. Vorausgesetzt, die Token sind nicht so ausgestaltet, dass sie eine „investorenähnliche Erwartungshaltung an die Wertentwicklung des Gutscheins oder an die allgemeine Unternehmensentwicklung des Emittenten oder eines Dritten wert- oder rechnungsmäßig abbilden“. Hier sollte also bei der konkreten Ausgestaltung eines Tokens vorab genau geprüft werden, ob der Token nicht doch mehr als eine reine Gutscheinfunktion haben soll und damit als Kryptowert einzustufen wäre.

Wer macht Kryptoverwahrgeschäft?

In Anknüpfung an den Begriff der Kryptowerte wird das Kryptoverwahrgeschäft als eine neue Form der Finanzdienstleistung ab 1. Januar 2020 in das KWG eingeführt. Hintergrund ist, dass Wallet-Anbieter, die für andere Key-Pairs für Kryptowerte speichern oder verwahren, in Zukunft geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen, sie also u.a. ihre Kunden mit Blick auf KYC und AML identifizieren müssen. Als Finanzdienstleister i.S.d. KWG werden Kryptoverwahrer Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz.

Kryptoverwahrgeschäft ist „die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte zu halten, zu speichern oder zu übertragen, für andere“ (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG-E). Dabei genügt es, wenn ein Kryptoverwahrer auch nur eine der genannten Alternativen anbietet, also z.B. nur das Halten oder nur das Speichern von Kryptowerten für andere. Verwahrung meint die „Inobhutnahme der Kryptowerte als Dienstleistung für Dritte“. Erfasst werden damit Anbieter, die Kryptowerte ihrer Kunden in einem Sammelbestand aufbewahren, wobei ihre Kunden die verwendeten kryptographischen Schlüssel – also Private Keys und u.U. sogar auch Public Keys – selbst nicht kennen. „Verwalten ist im weitesten Sinne die laufende Wahrnehmung der Rechte aus dem Kryptowert“. Sicherung meint die digitale Speicherung der Private Keys als Dienstleistung für Dritte sowie auch die Aufbewahrung physischer Datenträger (wie USB-Sticks oder auch Papier), auf denen solche Schlüsselpaare gespeichert sind.

Wer gilt nicht als Kryptoverwahrer?

Bloßes Anbieten von Webhosting- oder Cloudspeicherplatz fällt nicht unter das Kryptoverwahrgeschäft. Daneben ist auch das bloße Bereitstellen von Hard- oder Software-Wallets, die von den Nutzern eigenverantwortlich betrieben werden, kein Kryptoverwahrgeschäft, soweit der Wallet-Anbieter keinen bestimmungsgemäßen Zugriff auf die gespeicherten Daten hat. Ein Anbieter von Hardware Wallets, mit denen ein Kunde seine Kryptowerte bzw. Private Keys selbst eigenverantwortlich aufbewahren kann, wie z.B. Ledger, die den Ledger Nano S verkaufen, betreibt kein erlaubnispflichtiges Kryptoverwahrgeschäft. Auch Software Wallet Anbieter wie z.B. MyEtherWallet gelten damit nicht als Kryptoverwahrer.

Achtung: Kryptoverwahrgeschäft darf nicht erbringen, wer daneben andere Bank- oder Finanzdienstleistungen erbringen möchte.

Wer Kryptoverwahrgeschäft erbringen möchte, braucht eine Erlaubnis als Finanzdienstleister nach § 32 KWG und unterliegt der laufenden Aufsicht durch die BaFin.

Eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft bekommt nur, wer daneben keine andere Bank- oder Finanzdienstleistung erbringt, so § 32 Abs. 1g KWG-E im Regierungsentwurf. Wer daneben eine andere KWG-erlaubnispflichtige Dienstleistung erbringen möchte, müsste seine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft zurückgeben. In der Praxis wird ein Unternehmen, das z.B. Eigenhandel mit Kryptowerten betreiben möchte und zugleich eine Verwahrlösung für seine Kunden anbieten möchte, ein Tochterunternehmen gründen müssen, das eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft beantragen kann.

Hintergrund dieser Regelung ist zum einen, dass dadurch insbesondere IT- bezogenen Risiken des Kryptoverwahrgeschäfts abgeschirmt werden können und nicht auf andere, daneben erbrachte Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen durchschlagen.

Kryptoverwahrung oder Depotgeschäft: es kommt auf den Wertpapierbegriff an

Verbrieft oder unverbrieftes Wertpapier, das ist die entscheidende Frage, ob ein Kryptoverwahrer tatsächlich Kryptoverwahrgeschäft oder doch Depotgeschäft erbringt. Der Erlaubnistatbestand des Depotgeschäfts i.S.d. KWG knüpft an den Wertpapierbegriff des deutschen Depotgesetzes an, der keine unverbrieften bzw. digitalen Wertpapiere kennt – jedenfalls noch nicht. Nach deutschem Recht stellt die Verwahrung oder Verwaltung von Security Token, die nicht zusätzlich in einer Urkunde verbrieft sind, bisher kein Depotgeschäft i.S.d. KWG dar. Das stellt der Regierungsentwurf auch noch einmal klar, „soweit Kryptowerte unter den Wertpapierbegriff des Depotgesetzes fallen, ist die Verwahrung Depotgeschäft“ i.S.d. KWG und das Kryptoverwahrgeschäft würde dahinter zurücktreten.

Die Trennung der Erbringung von Kryptoverwahrgeschäft von anderen Finanzdienstleistungen hat dabei zur Folge, dass ein Kryptoverwahrer nicht ungewollt in das Regime des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) mit seinen zusätzlichen Anforderungen rutscht. Das WpHG kennt nämlich einen weiteren Begriff des Depotgeschäfts, das an den europäisch geprägten Wertpapierbegriff anknüpft und damit auch unverbriefte Wertpapiere kennt. Das Depotgeschäft i.S.d. WpHG ist jedoch bloß eine Wertpapiernebendienstleistung, die einen Anbieter noch nicht zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden lässt, wenn sie ausschließlich betrieben wird.

Für Kryptoverwahrer sind das gute Nachrichten, denn das heißt, dass ein Kryptoverwahrer, der ausschließlich unverbriefte Wertpapier-Token für andere verwahrt, verwaltet oder speichert – was die Regel sein sollte – kein Depotgeschäft i.S.d. KWG betreibt und auch nicht die Anforderungen des WpHG erfüllen können muss.

Durchatmen: es gibt Übergangsfristen für Kryptoverwahrer

Dienstleister, die bereits jetzt Kryptoverwahrlösungen anbieten, bekommen bei einem durchaus ambitionierten Umsetzungszeitrahmen noch eine Übergangsfrist. Sie dürfen dies auch nach Inkrafttreten der neuen KWG-Regelungen zum 1. Januar 2020 zunächst ohne Erlaubnis weiterhin tun – vorausgesetzt, sie haben die Absicht, einen Erlaubnisantrag zu stellen bis 1. Februar 2020 der Aufsicht angezeigt und stellen innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten der neuen KWG-Regelungen einen entsprechenden Erlaubnisantrag, der genehmigt wird.

No need to be afraid!

Die vorgesehene Regulierung von Kryptowerten und Kryptoverwahrern schafft Klarheit und Planungssicherheit für Anbieter. Eine solche Regulierung von Anbietern, die Zugriff auf Token ihrer Kunden haben, ist ein Beitrag um Vertrauen in Wallet-Anbieter zu schaffen. Vertrauen durch Aufsicht ist ein wichtiger Bestandteil, um das Krypto-Ökosystem wachsen zu lassen, insbesondere durch das verstärkte Hinzukommen und Engagements von professionellen Investoren. Zudem hat die Aufsicht gezeigt, dass sie ihre Arbeit mit Augenmaß ausübt. Wer hätte z.B. gedacht, dass die BaFin als eine der ersten Aufsichtsbehörden einen STO mit Wertpapierprospekt billigt.

Dr. Anika Patz

Dr. Anika Patz

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